Hagelschutz-Kanonen bringen Anwohner um den Schlaf
Leisnig - Die Hagelschutz-Kanonen bei Leisnig sollen in Gewitterwolken durch Verwirbelung die Bildung großer Hagelkörner verhindern. Mit diesen Druckluftwellen will Obstland Dürrweitzschen seine Früchte vor Hagelschlägen schützen. Doch das macht ordentlich Krach - die Anwohner sind genervt.
Roland Dorn (67) wohnt An der Meline, schließt oft seine Fenster: "Es ist laut hier, auch am späten Abend." Gerlinde Hofmann (67) ist gestresst: "Nachts stört es mich, wenn zwei Kanonen losballern. Das ist ein ständiges Bumm-Bumm. Da fliegt man nachts aus dem Bett."
Im Rathaus zuckt man die Schultern: "Anfänglich gab es Anfragen aus der Bevölkerung, die aber in den vergangenen Jahren fast vollständig zum Erliegen kamen.“ Der belgische Kanonen-Hersteller InoPower räumt die "Geräuschkulisse" (130 Dezibel bei zehn, 68 Dezibel bei 1000 Metern Entfernung) als "Minuspunkt" ein.
Aber die Kanonen seien wirkungsvoll: Acetylen-Explosionen erzeugen bei Gewitterlage Schockwellen, die in Wolken Hagel in Regen oder Schnee verwandeln können. "Wir schützen auf Festivals wie Tomorrowland auch Gäste und Anlagen vor Blitzen", fügt Marnix van Praet (52) von InoPower hinzu. Er verkaufte bisher 235 Kanonen in Europa, seit 2008 sieben nach Gorschmitz, Leisnig, Dürrweitzschen und Liptitz.
"Eine Hagelschutzkanone ist ein Präventionsparadoxon. Nicht eingetretener Schaden ist ja nicht messbar“, erklärt Obstland-Vorstand Jan Kalbitz (40). TU-Physik-Professor Michael Schreiber (66) zweifelt an der Durchschlagskraft: "Es ist unmöglich, dass eine solche Kanone bis zur vier Kilometer hohen Gewitterwolke reicht. Ein Hagelkorn würde nur mit den Schultern zucken. Das ist eine unsinnige Lärmbelästigung der Bevölkerung."
Auch Wetterexperte Jörg Kachelmann (62) kritisiert die Kanonade: "Es ist ein Elend."
Titelfoto: Maik Börner