Zum 100.! Brasilien feiert Chemnitzer Star-Fotografen
Chemnitz/São Paulo - Mit neun Jahren bekommt Hans Günter Flieg seine erste Kamera geschenkt, ein Jahr später ergreifen die Nazis in Deutschland die Macht. Flieg flieht nach Brasilien. Er wird dort einer der bedeutendsten brasilianischen Dokumentarfotografen. Nun ist der gebürtige Chemnitzer 100 Jahre alt.
"Ich habe ihn als sehr bescheidenen Menschen kennengelernt. Und das drückt auch seine Fotografie aus", erinnert sich TAG24-Fotochef Sven Gleisberg (55) an die Begegnung mit Flieg im Jahr 2008.
Damals zeigten die Chemnitzer Kunstsammlungen erstmals eine Ausstellung über das Kind der Stadt. Hans Günter war dabei - und erstmals seit 69 Jahren in Chemnitz und Deutschland.
Er ist erst 16, da muss er seine gerade begonnene Fotografen-Ausbildung wieder abbrechen. 1939 fliehen seine Eltern vor Nazis und Krieg nach Brasilien. In São Paulo setzt er seine Ausbildung bei einem ebenfalls geflohenen Juden und einer Ungarin fort.
Nach dem Zweiten Weltkrieg macht sich Flieg selbstständig, wird zu einem der angesehensten Dokumentarfotografen. Seine Fotografien sind seit 2005 im "Instituto Moreira Salles" von Rio aufbewahrt, laut Chemnitzer Kunstsammlungen "die größte und wichtigste Fotografie-Sammlung Brasiliens".
"Fliegs Arbeiten dokumentieren den fortschreitenden gesellschaftlichen Wandel Brasiliens hin zu einer modernen Industrienation anhand von Porträts, Landschafts- und Architekturaufnahmen, Darstellungen von Menschen im Arbeitsprozess und in der Freizeit sowie Aufnahmen von industriellen und privaten Interieurs", schrieben die Kunstsammlungen zur Ausstellung 2008.
Noch heute lebt und arbeitet der inzwischen 100-Jährige in São Paulo.
Titelfoto: Sven Gleisberg