Umzingelt von Baustellen, Umsatz halbiert: Chemnitzer Uferstrand bangt um seine Zukunft

Chemnitz - Karaoke am Donnerstag, Happy Hour zum Feierabend: Die Sommersaison im Chemnitzer Uferstrand ist in vollem Gange. Das wissen die Gäste aber erst, wenn sie drinstehen. Denn das Areal ist von weiß-roten Bauzäunen umsäumt, die es wie eine Großbaustelle wirken lassen. Das schadet dem Geschäft, klagt Inhaber Henrik Bonesky (45). Für die Chemnitzer Institution ist das existenzgefährdend.

Die Annaberger Straße ist dank Leitungsarbeiten komplett dicht. Unscheinbar dahinter: der darunter leidende Uferstrand.
Die Annaberger Straße ist dank Leitungsarbeiten komplett dicht. Unscheinbar dahinter: der darunter leidende Uferstrand.  © Kristin Schmidt

Ein Saugroboter zieht seine Runden durch den knietiefen Pool im Inneren des Geländes, während Gastro-Chef Marcel Kummers (35) genervt gen Eingang blickt.

Schon vor einer Stunde sollten Getränke geliefert werden, doch der Bote findet den Eingang nicht. So geht es vielen Besuchern aktuell, wenn sie's überhaupt noch versuchen. Denn dank Kanalarbeiten auf der Annaberger und Bahnhofstraße ist die beliebte Adresse von Bauzäunen förmlich umzingelt.

"Die Laufkundschaft ist uns komplett weggefallen", sagt Kummers, der die Hälfte seines Umsatzes vergeblich in der Kasse sucht.

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Dabei hatten sie ihren Mietvertrag erst im Dezember 2022 verlängert. Eine fünfstellige Summe steckten sie in den Laden für die aktuelle Saison. "Die ist so gut wie gelaufen. Der viele Regen tut sein Übriges", so der Gastro-Chef.

Die Kreuzung Bahnhofstraße/Annaberger Straße: Baustellenabsperrungen so weit man schauen kann.
Die Kreuzung Bahnhofstraße/Annaberger Straße: Baustellenabsperrungen so weit man schauen kann.  © Kristin Schmidt
Gastro-Chef Marcel Kummers (35, l.) und Inhaber Henrik Bonesky (45): Ihr Uferstrand leidet unter der Baustelle.
Gastro-Chef Marcel Kummers (35, l.) und Inhaber Henrik Bonesky (45): Ihr Uferstrand leidet unter der Baustelle.  © Kristin Schmidt
Nach Protest gab's wenigstens ein Schild - das nicht mal die Lieferanten verstehen.
Nach Protest gab's wenigstens ein Schild - das nicht mal die Lieferanten verstehen.  © Kristin Schmidt

"Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich bestimmt nicht verlängert", sagt Inhaber Henrik Bonesky. Damals verschwieg die Stadt das Bauvorhaben, das sich bis ins nächste Jahr ziehen wird. Die Ankündigung kam erst zehn Tage vorm Spatenstich. "Es ist toll, dass von städtischer Seite so viel Geld in die Hand genommen wird, damit's zur Kulturhauptstadt schön aussieht", so Bonesky.

Aber er erwarte Feingefühl von der Verwaltung, ein Miteinander. "Wenn die Stadt noch einen Uferstrand 2025 möchte, müssen wir hier eine Lösung finden."

Schwierige Situation

Kommentar von Bernd Rippert

Das ist schon eine spezielle Form von Wirtschaftsförderung in Chemnitz. Da schließt die Stadt einen neuen Pachtvertrag bis 2025 mit dem Uferstrand ab - um das beliebte Domizil danach einzukreisen mit Dauerbaustellen.

Gastwirt Henrik Bonesky blickt bei den rot-weißen Absperrungen und Sperrschildern kaum noch durch: Sperrung Annaberger Straße, aufgerissener Fußweg zum Uferstrand, Baustelle Falkeplatz und Zwickauer Straße - auch mancher Besucher des Open-Air-Lokals ist verwirrt. Viele bleiben fern.

Natürlich kann die Stadt nichts für die Baustellen. Jede Maßnahme für sich ist notwendig. Aber für den Uferstrand ist die Einkreisung mit Baustellen schon geschäftsschädigend.

Kein Wunder, dass Henrik Bonesky die Stadt um finanzielle Hilfe bittet. Seine Investitionen vor der Saison kann er derzeit nicht einspielen, die monatlichen Pachtkosten sind drückend. Jetzt kommt noch kühles Regenwetter dazu, das die Besucherzahlen weiter senkt. Es wird Zeit, dass sich Wirt und Stadt zusammensetzen und eine Lösung finden.

Ich für meinen Teil möchte diese Gastronomie auch im Kulturhauptstadtjahr haben.

Titelfoto: Kristin Schmidt

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