"FZ"-Urgestein DJ Geyer erinnert sich: "Es war ein Kampf um die Eintrittskarten"
Chemnitz - Wer im Karl-Marx-Stadt der 1980er richtig feiern gehen wollte, war im "FZ" an der richtigen Adresse. Das "FZ" hieß offiziell "Freizeitzentrum" und war eigentlich ein Jugendclub. Doch in Wirklichkeit war die Baracke im Hans-Beimler-Gebiet eine der heißesten Discos der Stadt. "FZ"-Urgestein DJ Geyer (59) erzählt von der verrückten Zeit.
Jens-Uwe Jahn, besser bekannt als DJ Geyer, erinnert sich noch genau an seinen ersten Auftritt im "FZ". Es war im Januar 1984, er startete sein Programm mit dem Madonna-Hit "Holiday".
"Und da ging's gleich rund - aber ohne Ende", sagt DJ Geyer. Von da an begleitete und prägte er mit seinem Sound das "FZ" bis nach der Wende. "Wer es nicht erlebt hat, kann sich das nicht vorstellen", sagt er.
Die Baracke aus Pressspan-Platten war für 250 Leute zugelassen, doch es waren oft mehr als 400 drin - und draußen wollten immer noch mehr Leute rein. "Es war ein Kampf um die Eintrittskarten."
DJ Geyer spielte Disco-Funk wie Kool & The Gang, auch Synthie-Pop à la Depeche Mode und "Grufti"-Sound wie von The Cure waren angesagt. Doch auch legendäre Live-Bands wie das "Rock'n'Roll Orchester" und "Transit" kamen ins "FZ".
Die Einrichtung des Clubs war ungewöhnlich luxuriös: "Sie wurde extra angefertigt von kleinen Handwerksbetrieben. Sitzgruppen, schöne Tische, ganz exklusive Lampen. Der Clubchef hatte Beziehungen bis sonstwohin, der hat alles rangebracht."
Auch heute wird noch im FZ-Stil gefeiert
Die Kult-Getränke waren Juice (Orangensaft) mit Wodka und Cola-Weinbrand - ein Glas kostete 1,90 DDR-Mark. "Bei uns wurde ordentlich getrunken", erinnert sich DJ Geyer. "Das gehörte einfach dazu." Trotzdem sei es immer friedlich zugegangen. Das Publikum sei damals allgemein besser drauf gewesen als jetzt: "Heute muss man als DJ die Leute anheizen - früher brauchte man sich bloß hinstellen und es ging schon ab.
"Aber auch heute verstehen die Leute noch, im "FZ"-Stil zu feiern. DJ Geyer steht einmal jährlich bei der "FZ-Revival-Party" im Braukeller auf der Bühne. "Da kommen auch sehr viele junge Leute", sagt er. "Erstaunlicherweise kennen sie die Musik aus den 80ern und gehen voll ab."
Nach der Wende durfte das "FZ" auf Anweisung vom Jugendamt keine Disco-Abende mehr veranstalten. 1993 schloss der Club in der Olbersdorfer Straße 2 endgültig seine Pforten, später wurde er abgerissen.
DJ Geyer blickt heute noch gerne zurück auf seine mehr als 500 Auftritte dort: "Es war mein Lieblingsladen", sagt er.
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Titelfoto: haertelpress/Harry Haertel, Kristin Schmidt