Dieser Bildhauer prägte das Chemnitzer Stadtbild, doch sein letztes Werk blieb unvollendet
Chemnitz - Der Klapperbrunnen am Busbahnhof, Don Quichotte mit seinem Pferd Rosinante im Opernhaus, der Regenschirm-Brunnen in der Straße der Nationen - sie gehören zu den beliebtesten Kunstwerken in Chemnitz. Ihr Schöpfer, Johann Belz (1925-1976), wäre heute 100 Jahre alt geworden.
Sein Enkel, Bildhauer Erik Neukirchner (52), bringt die anhaltende Faszination der Belz-Kunst auf den Punkt: "Seine Werke berühren, ohne sich anzubiedern."
Die meisten Plastiken schuf Johann Belz in seinem Atelier in der Sonnenstraße. Immer wieder eckte er mit seinen Arbeiten an: So musste Don Quichotte 1974 umziehen, weil die Genossen im "Rat des Bezirkes" (heute IHK-Gebäude) sich am Anblick des Ritters störten.
"Im Posthof wurde der Standort dann so gewählt, dass er auf keinen Fall aufs Marxmonument gucken sollte", weiß Erik Neukirchner zu berichten.
Auch die Plastik "Jugend" des Regenschirmbrunnens wäre beinahe wieder entfernt worden. Ein Halbstarker mit Jeans und Kofferheule - darin sah die Stasi ein Denkmal für Aufrührer.
"Der Brunnen blieb, weil Walter Ulbricht ihn zur Einweihung der Straße der Nationen sah und meinte: 'Ach, der ist aber hübsch!'"
Unvollständiges Werk in der Bahnhofstraße
Der Bildhauer, der erst mit 28 Jahren seine Berufung fand, arbeitete wie besessen: "Er war ein Getriebener, da zählte kein Geburtstag, selbst die Hochzeitsreise wurde verschoben. Das war für die Familie oft nicht leicht", weiß sein Enkel aus Erzählungen.
Das letzte Auftragswerk, das Belz unter dem Namen "Kampf und Sieg der revolutionären deutschen Arbeiterklasse" schaffen sollte, blieb unvollendet.
Der Künstler wurde neben dem Relief gefunden, als er am 4. März 1976 den Freitod gewählt hatte.
Die beiden fertiggestellten Teile des Werkes wurden dennoch an der Bahnhofstraße/Ecke Brückenstraße montiert - ohne die Ungeheuer und Drachen, die im dritten Teil eigentlich aus den Tiefen emporsteigen sollten.
Titelfoto: Haertelpress, Imago/Wolfgang Schmidt