Die zwei von der Tankstelle: Hier mixen Professoren in Chemnitz Kultur und Politik
Chemnitz - Sie könnten kaum unterschiedlicher sein und passen doch gut zusammen: Rolf Lieberknecht (75), bis 2012 Professor für Bildhauerei in Essen, und Christian von Borczyskowski (76), Professor für Physik und bis 2013 Rektor der TU Chemnitz, leiten den Projektraum "Tankstelle" in der Zwickauer Straße in Chemnitz. Ein Haus, das Kunst und gesellschaftliche Fragen an einen Tisch bringt.
Lieberknecht ist ein "Ästhet der Bewegung", von Borczyskowski ist "der Physiker, der sich für Kunst interessiert und die Henry-van-de-Velde-Gesellschaft führt". Beide wurden in Nordrhein-Westfalen groß, von Borczyskowski besuchte dort gar einen Tanzkursus mit Udo Lindenberg.
Beide blieben in Chemnitz hängen. Der Physik-Professor, "weil man hier viel bewegen kann", der Kunst-Professor, "weil ich in Einsiedel ein Haus mit Park geerbt habe".
2018 pachteten sie die Tankstelle, um Wissenschaft mit Kunst zu verbinden. "Wir haben immer einen wissenschaftlichen Vortrag zu einer passenden Ausstellung", sagt Rolf Lieberknecht. So umrahmten Fotos alter Tankstellen in der Ausstellung "Moderne Mobilität" einen Vortrag über Wasserstoffantriebe. Um die Entwicklung des Schulunterrichts ging es vor der Ausstellung "Das fliegende Klassenzimmer".
Bei allem Ernst, ihren Humor verlieren die Tankstellen-Pächter nie. "Wer sich für unsere Vorträge interessiert, muss die Kunst mitnehmen", sagt Christian von Borczyskowski. "Bei uns wird, auch aus der Erfahrung von 2018, offen und frei diskutiert."
1500 Besucher zählte der Projektraum bisher, Eintritt ist frei. "Die Themen finanzieren wir mit kleinen Fördermitteln und aus eigener Tasche", sagt Rolf Lieberknecht, der die aktuelle Ausstellung mit eigenen Werken bestückt. Finissage ist am 18. August.
Titelfoto: Ralph Kunz