Das Lehrmädchen vom Chemnitzer Hof kehrt nach 73 Jahren zurück

Chemnitz - Hannelore Weinrath (88), geborene Möckel, ist vermutlich das älteste "Lehrmädchen" des Chemnitzer Hofs. In den 1950er-Jahren absolvierte sie dort ihre Ausbildung. Doch ihre Wurzeln hat sie nie vergessen: Am Wochenende kehrte sie zurück an ihren einstigen Ausbildungsort.

Hannelore Weinrath (88) hatte bei ihrem Besuch auch den alten Lehrvertrag mit im Gepäck.
Hannelore Weinrath (88) hatte bei ihrem Besuch auch den alten Lehrvertrag mit im Gepäck.  © Maik Börner

Geboren wurde Hannelore 1937 in der Dammstraße am Fuße des Sonnenbergs. Ihre Kindheit verbrachte sie in Hilbersdorf - auch die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erlebte sie dort mit.

Eine Kindheit voller Entbehrungen, aber auch mit Schmunzel-Momenten: "Ich habe mal einen Topf voll weißer Bohnen gestohlen, indem ich mir den Schlüpfer auszog und ihn darin nach Hause zog. Da gab’s natürlich Ärger", erzählt sie lachend.

Seit der Schulzeit ist sie mit ihrer besten Freundin Dagmar - genannt Daggi - befreundet. Gemeinsam gingen sie durch dick und dünn, auch bei ihrer Ausbildung. "Meine Mama arbeitete damals in der Spülküche des Chemnitzer Hofs - so bin ich reingerutscht", erinnert sich Hannelore, die 1952 ihre Lehre zur Serviererin begann. Auch Daggi fing dort an.

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"Alles musste akkurat sein - von der Frisur bis zur Kleidung. Es gab sogar Kontrollen, ob wir ordentlich aussahen", so Hannelore. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr das mühsame Putzen des Silberbestecks.

Als Abschlussprüfung sollte sie ein Taufbankett kreieren - sie bestand mit Bravour.

Hannelore Weinrath (r.) mit ihrer besten Freundin Daggi und einem Barkeeper 1953 im Chemnitzer Hof.
Hannelore Weinrath (r.) mit ihrer besten Freundin Daggi und einem Barkeeper 1953 im Chemnitzer Hof.  © Repro: Maik Börner

Hannelore Weinrath von Chemnitz als Kulturhauptstadt zu Tränen gerührt

Hannelore Weinrath besuchte mit ihren beiden Töchtern Ute Koch (64, l.) und Birgit Ciliberti (68, r.) ihre Heimatstadt.
Hannelore Weinrath besuchte mit ihren beiden Töchtern Ute Koch (64, l.) und Birgit Ciliberti (68, r.) ihre Heimatstadt.  © Maik Börner

Bei ihrem Besuch im Chemnitzer Hof am vergangenen Wochenende überraschte das Hotelteam seine ehemalige Mitarbeiterin mit einem humorvollen Geschenk: eine Flasche Wein, dazu ein alter Silberlöffel und ein Putztuch - versehen mit einem Smiley.

"Eine wunderbare Geste", freute sich Hannelore, die mit Tochter Ute Koch (64) und Schwester Birgit Ciliberti (68) im Hotel übernachten durfte.

Nach ihrer Ausbildung reisten Hannelore und Daggi gemeinsam nach Rügen. Erstere machte kurz darauf in den Westen, gründete in Nordrhein-Westfalen eine Familie. Daggi blieb in der DDR - doch der Kontakt riss nie ab.

Das Hotel Chemnitzer Hof am Theaterplatz wurde am 7. Oktober 1930 eröffnet.
Das Hotel Chemnitzer Hof am Theaterplatz wurde am 7. Oktober 1930 eröffnet.  © Maik Börner

Am Sonntag trafen sich die beiden Freundinnen wieder, wie in alten Zeiten. Auch ihrer Heimatstadt Chemnitz blieb Hannelore stets verbunden: "Als Chemnitz Kulturhauptstadt wurde, habe ich vor Rührung geweint."

Titelfoto: Maik Börner (3)

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