Verlassen und verfallen: Chemnitzer zeigt die schönsten Industrie-Lost-Places
Chemnitz - An vielen Industriegebäuden in Mitteldeutschland nagt der Zahn der Zeit: Sie sind verlassen und verfallen. Christian Sünderwald, Fotograf aus Chemnitz, zeigt in seinem neuen Buch "Verlassene Orte in Mitteldeutschland. Faszination Industriekultur" mit beeindruckenden Bildern, wie sich mitteldeutsche Industriebrachen in den letzten Jahren und Jahrzehnten in geheimnisvolle Lost Places verwandelt haben.
"Besonders faszinierend finde ich, zu sehen, wie ein Industriebetrieb immer wieder scheint, Hals über Kopf verlassen worden zu sein", erzählt der 52-jährige Chemnitzer.
Nicht selten findet er alte Unterlagen, wie Rechnungen oder sogar Personalakten. Früher waren diese Dokumente unfassbar wichtig, heute liegen sie auf dem Boden verstreut, vergammeln von Jahr zu Jahr. "Daran sieht man, dass alles über die Zeit relativ ist. Was gestern noch wichtig war, hat heute völlig die Bedeutung verloren", sagt Sünderwald.
Oftmals sehe es so aus, als hätte wegen eines Feueralarms das Personal plötzlich den Arbeitsplatz verlassen, nur dass anschließend keiner je zurückkam: "Vieles wurde einfach stehen und liegen gelassen."
Aber auch die Architektur fasziniert Sünderwald. Besonders die Stadt Chemnitz - welche oft auch als das ehemalige "Manchester des Ostens" bezeichnet wird - hat in Sachen Industriebrachen einiges zu bieten. So zeigt der Fotograf in seinem neuen Buch die ehemalige VEB Werkzeugmaschinenfabrik "Fritz Heckert". Diese wurde nach der Wiedervereinigung privatisiert und verkündete im Jahr 1997 den Bankrott. Seither steht die alte Fabrik leer.
Auch ein altes Mühlenwerk in Bad Lausick zeigt der Chemnitzer in seinem Bildband. Das monströse Gebäude wurde 1872 erbaut, Jahre später allerdings durch zwei verheerende Brände fast vollständig zerstört. 1913 wurde das Werk in seinem jetzigen Erscheinungsbild wiedererrichtet.
1993 wurde der Betrieb aufgegeben - seitdem steht das Gebäude leer und verfällt zusehends.
Sünderwald spricht sich für Sanierung aus: "Es ist sehr schade um die architektonisch wertvollen Gebäude"
Alte Schlösser, leerstehende Krankenhäuser, verfallene Villen: Sünderwald liebt verlassene Orte, hat sich als Fotograf auf Lost Places und Schwarz-Weiß-Fotografien spezialisiert.
Auf die Idee, ein Buch über verlassene Industriegebäude zu veröffentlichen, kam der 52-Jährige durch die sächsische Landesausstellung "BOOM. 500 Jahre Industriekultur in Sachsen".
Zwei Bildbände des Fotografen sind bereits erschienen. "Diese kamen so gut an, dass ich mich zu diesem dritten Buch entschlossen habe", berichtet Sünderwald.
Obwohl der Architekturfotograf den Charme der verlassenen Gebäude liebt, freut er sich dennoch, wenn alte Industriegebäude wieder saniert werden. "Es ist sehr schade um die architektonisch wertvollen Gebäude, die drohen, für immer verloren zu gehen", so Sünderwald.
Mit seinen Bildern will er auch mithelfen, potentielle Käufer zu inspirieren, ein Gebäude zu sanieren. "Das ist bisher auch einmal gelungen", berichtet der Fotograf stolz.
Am Donnerstag stellt Sünderwald seinen neuen Bildband in der Anders Bar in Chemnitz vor. Die Veranstaltung ist allerdings bereits ausgebucht. Wer sich für Lost Places und Architektur interessiert, kann sein Buch ab sofort online oder im Handel kaufen.
Weitere Informationen über Christian Sünderwald gibt's unter www.suenderwald.de.
Titelfoto: Christian Sünderwald