Chemnitzer Stadträtin Carolin Juler (24, Linke): "Ich musste mich von Anfang an beweisen"
Chemnitz - Linken-Stadträtin Carolin Juler (24) ist mit Abstand die jüngste Frau im männerdominierten Chemnitzer Gremium. Das macht ihr Ehrenamt nicht immer einfach. Trotzdem denkt sie nicht ans Aufhören. Im Gegenteil: Ihr Ziel ist es, den Stadtrat mit der nächsten Wahl noch jünger, noch weiblicher und migrantischer zu gestalten.
"Ich musste mich von Anfang an beweisen", erinnert sich Juler. Ihr Alter und ihr Geschlecht versetzten sie in dem Gremium (das nicht einmal zu einem Drittel aus Frauen besteht) zunächst in keine gute Ausgangsposition.
Ihren Platz hat sich die gebürtige Leipzigerin erstritten. "Wenn es um Themen wie Feminismus und Gleichstellung geht, rede ich mir auch heute noch den Mund fusselig."
Bewährung im Stadtrat, Sexismus im Netz: Wenn Carolin Juler sich in den Kommentarspalten sozialer Medien mit den Meinungen der Chemnitzer auseinandersetzt, braucht sie ein dickes Fell.
Immer wieder seien Sprüche wie "Was will die kleine Trulla" oder "Die braucht erst einmal einen ordentlichen Mann, der sie in die Schranken weist" zu lesen. Doch von Resignation ist nichts zu spüren.
Die Fraktions-Sprecherin für Gleichstellung und Integration will weitere junge (am besten migrantische) Frauen motivieren, sich um ein Amt im Stadtrat zu bewerben. Dabei sei es unerlässlich, junge Menschen aufzubauen, sie in dem zunächst überwältigenden Dschungel namens "Verwaltungsrecht" an die Hand zu nehmen. Und es sei wichtig, die jüngeren Generationen mit ihren Herzensthemen anzusprechen.
In Sachen Gleichstellung gebe es in Chemnitz noch viel zu tun. "Hier konnte ich in meinen drei Amtsjahren keine großen Veränderungen beobachten", sagt Juler. Ihre Vision ist deshalb ein Gleichstellungsbeirat, der sich Benachteiligungen entgegenstellt. Wenn nicht in dieser Legislaturperiode, dann in der nächsten. Denn eines ist für die Bachelor-Studentin trotz aller Widrigkeiten schon klar: Sie wird wieder kandidieren.
Hier gibt's die weiteren Teile der TAG24-Serie zum Nachlesen
- Mit Spitzentanz an die Spitze: Ballett-Direktorin Sabrina Sadowska
- Mit Vollgas den Männern voraus: TU-Studentin mit Benzin im Blut
- Kampf ums Klima: Chemnitzer Aktivistin nicht zu stoppen
- Direktorin des Smac: Sabine Wolfram macht Vergangenheit lebendig
- Ein rebellischer Chemnitzer Geist: Künstlerin Dagmar Ranft-Schinke
- ASR-Mitarbeiterin Katja Landgraf: "Ein Schreibtisch-Job ist nichts für mich!"
- Ihr Beruf? Leben retten: Notfall-Sanitäterin Claudia Barthold
- Organisatorin Bianca Steinbock: Ihr Herz schlägt für Chemnitz
- Rodlerin Sylke Otto: Aus Karl-Marx-Stadt an die Weltspitze
- Polizeimeisterin Franciska Burger: Uniform anziehen, Waffe laden und los
- Tierretterin Sandra Kögel: Wo Hund, Katz und Biber in guten Händen sind
Titelfoto: Kristin Schmidt