Chemnitzer Museum verwahrt Nachlass von Trainer-Ikone Jutta Müller

Chemnitz - Wenn Jutta Müller (†94) als schillernde Trainerin mit ihren Schützlingen im Rampenlicht stand, glänzte auch ihre Heimatstadt als elitäres Zentrum für Spitzensport. Der erfolgreichsten Eislauftrainerin der Welt, die bis zu ihrem Tod am 2. November aus ganzem Herzen Chemnitzerin geblieben ist, soll mit ihrem legendären "Blauen Salon" ein museales Denkmal gesetzt werden.

Kurator Peer Ehmke (60) verwahrt auch das besondere Handarbeits-Tischchen: Wenn es geöffnet wird, ertönt von einer Spieluhr die "Schicksalsmelodie".
Kurator Peer Ehmke (60) verwahrt auch das besondere Handarbeits-Tischchen: Wenn es geöffnet wird, ertönt von einer Spieluhr die "Schicksalsmelodie".  © Maik Börner

Das sportliche Erbe von Jutta Müller kam noch zu ihren Lebzeiten in die Obhut des Schloßbergmuseums.

"Als Gaby Seyfert ihre Mutter voriges Jahr nach Bernau holte und die Wohnung auflöste, wandte sie sich an die Kulturbürgermeisterin, weil so viele Dinge zur Sportgeschichte unserer Stadt gehören", sagt Kurator Peer Ehmke (60).

Die Plakette der Skating Hall of Fame in Colorado Springs, akribisch geführte Fotoalben, Akkreditierungsausweise unzähliger Wettkämpfe - all das verwahrte Jutta Müller in ihrem "Blauen Salon", wie ein Zimmer in ihrer Wohnung im 8. Stock einer Großplatte in der Parkstraße halb ehrfürchtig, halb scherzhaft genannt wurde.

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"Die Möbel, die dort standen, waren die Gute Stube von Jutta Müllers Eltern gewesen, Sofa und Stühle haben blaue Bezüge. Das Zimmer war besonderen Gästen und Gelegenheiten vorbehalten", so Ehmke, der die Trainerin selbst seit 25 Jahren persönlich kannte.

So erfolgreich wie Jutta Müller war kein anderer: Von ihr trainierte Eiskunstläufer gewannen 57 Medaillen bei Europa-, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen.
So erfolgreich wie Jutta Müller war kein anderer: Von ihr trainierte Eiskunstläufer gewannen 57 Medaillen bei Europa-, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen.  © dpa/Peter Endig
Der "Blaue Salon" von Jutta Müller soll der Nachwelt erhalten bleiben. Das Zimmer wurde fotografisch dokumentiert, bevor die Einrichtung im Depot des Schloßbergmuseums eingelagert wurde.
Der "Blaue Salon" von Jutta Müller soll der Nachwelt erhalten bleiben. Das Zimmer wurde fotografisch dokumentiert, bevor die Einrichtung im Depot des Schloßbergmuseums eingelagert wurde.  © Schloßbergmuseum

Präsentation vom Nachlass soll kein Schnellschuss werden

Dem Schlittschuh von Jutta Müller, den Peer Ehmke (60) zeigt, ist anzusehen, dass er viele Jahre intensiv genutzt wurde.
Dem Schlittschuh von Jutta Müller, den Peer Ehmke (60) zeigt, ist anzusehen, dass er viele Jahre intensiv genutzt wurde.  © Maik Börner

Im Frühjahr 2023 zog der "Blaue Salon" samt Teppichen und Gardinen von der Parkstraße ins Museumsdepot. "Wir haben den Raum komplett vermessen, sodass er eins zu eins rekonstruierbar wäre."

Neben Erinnerungsstücken, die mit dem Eiskunstlaufen zu tun haben, dokumentiert auch die sportliche Familiengeschichte laut Kurator Ehmke ein wichtiges Stück Chemnitzer Historie:

"Jutta Müllers Vater war als Ringer aktiv und trug die Sportbegeisterung in die Familie. Diese steht stellvertretend für viele Chemnitzer Familien, in denen der Sport in besonderer Weise verankert ist."

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Die Präsentation des Nachlasses soll keinesfalls ein Schnellschuss werden: "Wir wollen das gemeinsam mit Gaby Seyfert und den Sportlern aufbereiten. Dann muss ein passender Ort für die Ausstellung gefunden werden. Bis zum Kulturhauptstadtjahr 2025 ist das nicht möglich", so Ehmke.

Der 100. Geburtstag von Jutta Müller im Dezember 2028 wäre dagegen ein guter Anlass, findet der Kurator.

Auch die Medaille der Hall of Fame des Eiskunstlaufs hatte ihren Platz im Blauen Salon.
Auch die Medaille der Hall of Fame des Eiskunstlaufs hatte ihren Platz im Blauen Salon.  © Maik Börner
Akkreditierungsausweise internationaler Wettkämpfe hob Jutta Müller als Andenken auf.
Akkreditierungsausweise internationaler Wettkämpfe hob Jutta Müller als Andenken auf.  © Maik Börner

Jutta Müller: "Ich bin ein richtiges Chemnitzer Kind"

Jutta Müller bei der Verleihung der Chemnitzer Ehrenbürgerschaft zum 80. Geburtstag.
Jutta Müller bei der Verleihung der Chemnitzer Ehrenbürgerschaft zum 80. Geburtstag.  © IMAGO/Harry Härtel

Auf internationaler Bühne gab sie im Pelzmantel die Star-Trainerin - in ihrer Heimatstadt wohnte sie im Plattenbau: Jutta Müller war eine Eislauf-Ikone, die zu Hause keinen Sockel brauchte.

Selbst als ihre Kompetenz nach der Wende beim Deutschen Eislaufverband nicht mehr gefragt war, lehnte die Chemnitzerin das Angebot ab, in den USA als Trainerin zu arbeiten und unterstützte lieber zu Hause am Küchwald den Eislaufnachwuchs.

Ihre tiefe Verbundenheit zu ihrer Heimatstadt formulierte Jutta Müller, als sie sich 2008 in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung über die gerade verliehene Ehrenbürgerschaft freute:

"Es ist die Krönung: für mich und mein Chemnitz, wo ich mich ein Leben lang wohlgefühlt habe. Ich bin ein richtiges Chemnitzer Kind."

Titelfoto: dpa/Peter Endig, Schlossbergmuseum

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