Hier gibt es in Sachsen eine weltweit einmalige Pferdebahn
Döbeln - Ausländischen Gästen werden die Augen feucht, die Döbelner sind einfach nur stolz: Ihre Pferdestraßenbahn ist die einzige dieser Art weltweit! "Kleinstadt, Originalstrecke, regelmäßiger Verkehr - das gibt es sonst nirgends", sagt Jörg Lippert (58), Chef vom Traditionsverein Döbelner Pferdebahn in Mittelsachsen.

Zwar existierten heute noch Pferdebahnen zum Beispiel in Australien oder auf der britischen Isle of Man. Aber die würden am Strand fahren und seien darum eben keine richtigen Straßen-Bahnen. Lippert ist seit der Wiederbelebung der sächsischen Attraktion mit dabei und kennt das Drumherum aus dem Effeff.
Zum Beispiel alles zur alten Bahn, die zwischen 1892 und 1926 im historischen Stadtzentrum von Döbeln verkehrte. "Damals war eine Pferdestraßenbahn ein preiswertes Transportmittel, viel kostengünstiger als zum Beispiel der Betrieb mit Strom."
Die Wiederbelebung geht zurück aufs Jahr 2001. Honoratioren und andere Engagierte suchten in der AG Innenstadtmarketing nach Wegen zur größeren Attraktivität des 25.000-Einwohner-Städtchens. Denn wer einmal in der Gegend zwischen A4 und A14 unterwegs ist, bevorzugt vielleicht eher die Talsperre Kriebstein oder Schloss Colditz.
Aus den knapp 250 Ideen ragte die der neuen-alten Pferdebahn heraus, aber eher im negativen Sinne. "Man hielt uns für verrückt", räumt Lippert ein. "Zunächst waren 90 Prozent dagegen. Die zehn Prozent pro stellten wir." Doch mit viel Überzeugungsarbeit gelang den Bahnfreunden der Stimmungsumschwung.
Irgendwo bei Meißen tauchte dann ein originaler Straßenbahnwagen von 1895/96 auf, der zwar zum Hühnerstall umfunktioniert worden war, aber nach technischer Analyse und viel Bastelarbeit taugte.

Ist die Pferdestraßenbahn keine Tierquälerei?

2007 war es dann so weit. Mit 1 PS rollte die wiederbelebte Pferdestraßenbahn durch Döbeln. Das tut sie seither an jedem ersten Samstag im Monat und pro Jahr auf gut 30 Sonderfahrten.
"Das können Geburtstage, Klassentreffen oder Betriebsfeiern sein", so Lippert. Die Fahrt geht über 750 Meter und retour. Zugkraft ist der 17-jährige Hengst "Elko", aus dem Pferdehof von Mario Lommatzsch in Ebersbach. "Elkos" Nachfolger wird gerade eingearbeitet, ist aber noch nicht so weit, heißt es vom Bahnverein.
Doch ist das Ziehen eines mit bis zu 19 Personen besetzten Waggons nicht Tierquälerei? "Die Frage kommt immer wieder", sagt Lippert."Nein. Denn wir haben einerseits eine flache Strecke. Andererseits das Pflaster, wo sich die Hufe ,einkrallen' können. Vor allem aber ist erwiesen, dass das Pferd fürs Ziehen nur 20 Prozent seiner Kraft benötigt." Dass das Zugpferd nicht leide, bestätige darüber hinaus ein extra eingeholtes Gutachten.
Ganz neu: Die Fahrtstrecke soll um 100 Meter bis zu den Färberhäusern verlängert werden. Eigentlich ist alles klar, allerdings fehlen aufgrund der internationalen Lage Baufirmen ...


Im Rathaus steht der Riesenstiefel

Der Fahrpreis beträgt 6 Euro, Kinder sind mit 3 Euro dabei. Empfohlen wird das Kombiticket für 8 Euro je Erwachsener. Es berechtigt zum Zutritt ins "Deutsche Pferdebahnmuseum", das neben der Historie der lokalen Bahn viel Wissenswertes über die einstigen Bahnen in insgesamt 96 deutschen Städten erzählt.
Die Döbelner Pferdebahn verkehrt von April bis Oktober. Die zweite Attraktion der Stadt, der Riesenstiefel, befindet sich im ersten Obergeschoss des Rathauses und kann darum am Wochenende nicht besichtigt werden.
Von Dresden und Chemnitz aus sind es über die Autobahn jeweils rund 45 Fahrtminuten.
Titelfoto: Thomas Türpe