Gerd S. (†20) in Industrie-Ruine getötet: "Man konnte ins Schädelinnere schauen"
Leipzig/Chemnitz - "Entlarvende Spuren" heißt der Podcast des Insektenforschers und Forensikers Marcus Schwarz (36) mit Journalistin Nina Himmer (37). In der neuesten Podimo-Folge spricht der Leipziger über die hinterhältige Tötung des Chemnitzers Gerd S. (†20) aus dem Jahr 2017.
Die Drogenprobleme des Arbeitslosen Gerd S. sind auch seiner Familie bekannt. Bei Kumpel Maik G. (damals 26) kommt der 20-Jährige unter, wickelt mit ihm Drogendeals ab.
Am 27. Juli 2017 reißt der Kontakt von Freunden zu S. ab. Erst im September folgt die Auflösung des Verschwindens, als zwei Männer eine Industrieruine durchforsten, die ehemaligen Wanderer-Werke, in der zu DDR-Zeiten unter anderem Fahrräder und Mopeds hergestellt wurden.
Sie sind eigentlich auf der Suche nach einer wertvollen Uhr, die sich angeblich noch im Gebäude befinden soll. Diese entdecken sie nicht. Dafür die Leiche eines jungen Mannes. Es ist Gerd S.
Schnell wird klar, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt, denn: "Man konnte ohne große Umschweife ins Schädelinnere schauen, also der Schädel war zertrümmert", berichtet der Entomologe Marcus Schwarz. "Bei einer Rekonstruktion des Schädels, hat man gesehen, dass es mehrere Hammerschläge auf die gleiche Stelle waren."
Zu dem offensichtlichen Tötungsdelikt am wegen Kleindelikten schon polizeibekannten Hartz-IV-Empfänger wird Schwarz erst später hinzugezogen, nachdem sich die Polizei entscheidet, ein entomologisches Gutachten anzufordern.
Leipziger Entomologe Marcus Schwarz: "Er ist unmittelbar nach dem Verschwinden umgebracht worden"
Schwarz stellt fest, dass die Leiche umgelagert wurde, da an einer anderen Stelle im Gebäude eine Blutlache zu sehen ist. Zudem kann der Leipziger aufgrund der Fliegenlarven beziehungsweise geschlüpften Fliegen und sogar Schmetterlingen rekonstruieren: "Er ist unmittelbar nach dem Verschwinden umgebracht worden."
Eine erste Funkzellenabfrage brachte die Ermittler laut Schwarz nicht voran, kurze Zeit später wurden 5000 Euro für Hinweise ausgesetzt. Dann aber die entscheidende Spur: Am hinteren Teil des Gürtels befindet sich DNA. Sie gehört zu Maik G., einem Bekannten des Toten, mit dem es Streitigkeiten hinsichtlich Drogengeschäften, Geld und der Wohnsituation gab.
Der Ablauf am Tattat kann relativ nahtlos nachvollzogen werden. Der Täter soll das sechs Jahre jüngere Opfer überredet haben, zusammen in die Wanderer-Werke zu gehen, wo Drogen gelagert sein sollen, die man abholen wolle. Eine erfundene Geschichte, um den 20-Jährigen dorthin zu locken.
Durch mehrere Schläge mit einem Zimmermannshammer kommt Gerd S. ums Leben. Wegen einer psychischen Vorbelastung, genauer eine Schizotype Persönlichkeitsstörung, wird Maik G. strafmildernd zu zwölf Jahren wegen Totschlags verurteilt.
Titelfoto: Bildmontage: Haertelpress, Polizei