Familien-Clan auf Anklage-Bank: Erzgebirgische Großfamilie soll 800.000 Euro ergaunert haben
Chemnitz - Dieser Mega-Prozess geht in die Geschichte des Chemnitzer Landgerichts ein! Eine Familienbande aus dem Erzgebirge soll im großen Stil Krankenkassen und Arbeitsämter geprellt haben - und das deutschlandweit.
Über 800.000 Euro wurden laut Anklage binnen fünf Jahren ergaunert. Zehn Mitglieder müssen sich auf der "Doppel-Anklagebank" wegen bandenmäßigen Betrugs verantworten.
"Ich kann mich an keinen Prozess erinnern, bei dem es schon einmal so viele Angeklagte gegeben hätte", so Landgerichts-Sprecherin Marika Lang (53). Laut Staatsanwaltschaft ist Hermann H. (51) aus Crottendorf der Kopf der Bande und in 177 Fälle verwickelt.
"Er hatte zwischen 2002 und 2007 die koordinierende Rolle inne und die Taten Jahre im Voraus geplant", heißt es in der 132-seitigen Anklageschrift. Ausgangspunkt war das "Hotel Dietrichsmühle" in Crottendorf.
Hermann H. soll hier erste Scheinarbeitsverhältnisse, beispielsweise mit Peter D. (58), als Leiter der Finanzen geführt haben. Tatsächlich war das Hotel nach dem Hochwasser 2002 so gut wie nie geöffnet.
Eisiges Schweigen zum Prozessauftakt
Der Betrug wurde laut Staatsanwaltschaft schnell System, die Masche war meist dieselbe: Hermann H. gründete eine Scheinfirma. Zwei Familienmitglieder gingen ein Scheinarbeitsverhältnis ein - bei horrenden Monatslöhne von bis zu 20.000 Euro.
Nach ein oder zwei Tagen meldete sich der vermeintliche Angestellte krank. Nun sprudelte die Geldmaschine. Der Clan kassierte Krankengeld, Arbeitslosengeld, Arbeitgeberaufwand, Eingliederungszuschuss und vieles mehr. Krankenkassen aus nahezu allen Bundesländern sollen als Geldquelle gedient haben!
Bei der Jobwahl war die Bande kreativ: Bauleiter, Pflegekraft, Arbeitsvermittler, Baggerfahrer. Doch irgendwann flog die Masche auf. Offenbar wurde eine Kasse misstrauisch ...
Zum Prozessauftakt schwieg die ganze Bande. Am 4. März geht's weiter - zwölf Termine folgen. "In besonders schweren Fällen droht bis zu zehn Jahre Haft", so Marika Lang.