Chemnitz lahmgelegt! CVAG-Streik: Das sagen Bürger dazu
Chemnitz - Startschuss zum ersten wirksamen Warnstreik in Chemnitz am frühen Freitagmorgen: Um 3.15 Uhr gingen Hunderte Bus- und Bahnfahrer der CVAG in den Ausstand, wollten Chemnitz lahmlegen, um im Tarifstreit Front gegen die Arbeitgeber zu machen.
Viele Chemnitzer hatten Verständnis. Andere verzweifelten. S. Goebel (34) aus Freiberg musste mit ihrem kleinen Sohn dringend zu einer Behandlung im Ortsteil Morgenleite.
"Ein Jahr haben wir auf den Termin gewartet. Für mich der Super-GAU." Obwohl sie es sich nicht leisten könne, wolle sie jetzt mit dem Taxi ins Heckert fahren - aber es kam kein Wagen zur Zenti, wo die Mutter wartete.
Mustafa Amin (50) musste vom Zentrum in die Leipziger Straße. Er nahm den Streik mit Humor: "Der Bus hätte mich 2,50 Euro gekostet, für das Taxi muss ich zwölf Euro bezahlen. Aber ich verstehe das Personal der CVAG."
Schichtweise bewachten Gewerkschaftsmitglieder von Verdi das Busdepot in der Werner-Seelenbinder-Straße, wärmten sich an einer großen Feuerschale.
Einer von ihnen: Busfahrer Steffen Scholz (61). "Heute wäre ich auf der Linie 32 zwischen Dresdner Straße und Reichenbrand gefahren. Aber ich muss mit meinen Kollegen für unsere Forderungen eintreten - angesichts der Inflation geraten wir sonst ins Minus."
Für Verdi-Sekretärin Sina Rothe (35) war es "eine großartige Beteiligung" am Streik. "Wenn sich Arbeitgeber nicht bewegen, geht es nächste Woche weiter." Trotz des Streiks fuhren die Citybahnen sowie 14 Buslinien von Tochter- und Subunternehmen.
Das sagen weitere Chemnitzer zum CVAG-Streik
10,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt verlangt die Gewerkschaft Verdi für den Öffentlichen Dienst - und unterstreicht die Forderungen mit massiven Warnstreiks. TAG24 fragte Passanten: Was haltet Ihr von den Forderungen?
Martina Börner (74), Rentnerin
"Schwierig! Ich mag keine Streiks, obwohl sie manchmal nötig sind. Ich halte die Zehn-Prozent-Forderung für gerechtfertigt - auch wenn ich heute von Gablenz zu Fuß ins Zentrum laufen musste."
Katrin Morgner (57), Arbeiterin
"Man merkt, dass weniger los ist in der Stadt. Ich habe zum Glück ein Auto und nutze den Tag zum Shopping-Bummel. 10,5 Prozent sind okay. Für gute Arbeit muss es gutes Geld geben."
René Uhlmann (36), Notfallsanitäter
"Ich bin nicht betroffen vom Streik. Aber jeder Beschäftigte muss leben. Schauen Sie die Lebensmittelpreise an! Zudem gibt es Fachkräftemangel, da müssen Arbeitgeber etwas bieten."
Reinhard Sonntag (70), Bauleiter
"Ich bin in Chemnitz noch nie Bus oder Bahn gefahren. Die Verdi-Forderung ist eine Unverschämtheit. Ich bekomme seit der Wende das gleiche Gehalt. Vier Prozent hätten auch gereicht."
Titelfoto: Ralph Kunz