Stadt und Kulturmanager stellen sich Kritik: Drängende Fragen zur Kulturhauptstadt 2025
Chemnitz - Immer mehr Kritik an den Vorbereitungen zur Kulturhauptstadt 2025 - auf Einladung der Linken stellten sich Organisatoren und Macher am Montagabend im Café "Weltecho" in Chemnitz den Fragen aus Künstlerszene und Bürgerschaft.
Fraktionsvorsitzende Susanne Schaper (44) stellte die Debatte unter das Thema: "Kulturhauptstadt für alle".
Entsprechend groß war der Andrang, Stadträte mussten Extra-Stühle in die Reihen quetschen.
Klaus Bartl (72), Kultursprecher der Linken, gab die große Linie vor: "Die Kulturhauptstadt ist eine Jahrhundertchance für Chemnitz! Aber es gibt Verstimmungen."
TAG24 stellt sieben Kritikpunkte vor.
Sind die Projekte nachhaltig?
Ist Kulturhauptstadt für alle da?
"In der Kulturhauptstadt muss sich jeder einbringen können", forderte Harald Krause (68, Jazzfreunde). Kulturhauptstadt-Geschäftsführer Stefan Schmidtke (55) entgegnete: "Darum starten wir Ausschreibungen im Juli. Im Bidbook stehen 72 Projekte. Wir prüfen, was sich verwirklichen lässt."
Was fehlt noch alles?
Linken-Stadtrat Klaus Bartl monierte fehlende Rechtssicherheit, fehlende Planung, fehlende Kommunikation und fehlende Einbindung der Chemnitzer. Ferenc Csák (48), Leiter des Kulturbetriebes: "Solche Gespräche hätten wir schon 2022 führen müssen. Aber 2021/22 mussten wir die Veranstaltungs-GmbH arbeitsfähig machen. Jetzt stecken wir im Tal der Tränen. Bis 2024 werden wir alle Punkte abarbeiten."
Sind die Projekte nachhaltig?
Dietmar Holz (63) von der Parkeisenbahn freut sich auf viele Projekte, sorgt sich aber, "dass nach 2025 alles wieder zusammenfällt". Er fordert mehr Energie bei den Beteiligten: "Nur wer selbst brennt, kann das Feuer weitertragen." Ferenc Csák versicherte: "Wir tun alles, um die Projekte nachhaltig für die Zeit ab 2026 aufzustellen."
Was tun gegen Ausschreitungen?
Ausländerbeauftragte Etelka Kobuß (53) fragte, was getan werde gegen rechtsradikale Ausschreitungen im Jahr 2025. Stefan Schmidtke nannte ein ganzes Bündel von Maßnahmen: "Alle Programmpunkte müssen EU-Kriterien entsprechen. Wir planen eine Werkstatt für Kultur und Demokratie sowie mehrere Mikroprojekte."
Fehlende Einbindung der Bürger ins Programm der Kulturhauptstadt?
Werden Bürger eingebunden?
Mehrere Besucher vermissten die Einbindung der Bürger ins Programm: "Wo ist das Herz der Kulturhauptstadt, wo die Begeisterung?" Stefan Schmidtke bat um Geduld: "Auch die Universität, Unternehmen und Vereine können ab Sommer Partner der Kulturhauptstadt werden." Die GmbH arbeite an der Kommunikation, an Website und der Einbindung der Bevölkerung.
Wo bleiben Senioren und Kinder?
Ein Besucher fragte, wie Senioren einbezogen werden sollen. Stefan Schmidtke räumte ein: "Senioren, Kinder und Jugendliche fehlen im Bidbook. Darum starten wir einen 'Open Call' für solche Projekte, darum bilden wir ein 'Team Generationen'."
Wie machen Vereine mit?
Vertreter mehrerer Vereine (Singakademie, Maker-Szene) fragten, wie sie Teil der Kulturhauptstadt werden können. Stefan Schmidtke lud jeden ein, sich zu melden: "Wir führen zusammen. Die GmbH veranstaltet nichts, sie ist die Struktur, die es den Chemnitzern ermöglicht, ihre Projekte umzusetzen."
Die Zeit läuft
Kommentar von Bernd Rippert
Bis zur Eröffnung der Kulturhauptstadt 2025 liegt noch ein ganzer Haufen Arbeit vor uns. Wie groß der Haufen ist, zeigte eine Diskussion im "Weltecho".
Eines machte die Debatte deutlich: Zwischen Kulturhauptstadt-GmbH und den Bürgern wie Machern klafft ein großer Spalt. Die einen arbeiten ihre Vorgaben ab, die andern drängen ungeduldig ins Programm. Die einen erstellen Arbeitspläne, die anderen wollen Herzblut sehen.
Ob diese unterschiedlichen Sichtweisen bis 2025 zusammenfinden, ist sehr fraglich. Schon jetzt ist in der Kulturszene und bei den Chemnitzern viel Porzellan zerschlagen worden, ist die anfängliche Begeisterung teilweise verschwunden.
Bei der GmbH fehlt oft der Bezug zur Stadt, zu den Akteuren vor Ort. Da liegt monate-, nein jahrelang die Öffentlichkeitsarbeit brach. Jetzt, da es langsam eng wird, wird eine Pressesprecherin aus Hamburg eingekauft. Nichts gegen Hamburg, aber die gute Frau muss sich wieder einarbeiten, alle Akteure und deren Befindlichkeiten kennenlernen. Das kostet Zeit.
Zeit, die einer begeisternden Kulturhauptstadt wegläuft.
Titelfoto: Kristin Schmidt