Chemnitz - Chemnitz erlebte am Samstag einen glänzenden Auftritt auf der europäischen Bühne. Rund 80.000 Besucher aus nah und fern strömten in die City, um Teil dieses historischen Moments zu sein: Wir sind Kulturhauptstadt 2025!
"Ich hoffe, dass wir ab heute eine neue Seite im Chemnitzer Geschichtsbuch aufschlagen können", erklärte Oberbürgermeister Sven Schulze (53, SPD) am Samstagvormittag.
Die Besucher schienen diesem Wunsch nachzukommen: Noch um 10 Uhr wirkte die Innenstadt ruhig, doch eine Stunde später füllte sich das Zentrum rasant.
In der Stadthalle, wo die KuHa-Projekte beim "Programmschaufenster" vorgestellt wurden, herrschte ab 11 Uhr reges Treiben. Rund 10.000 Besucher waren in der Stadthalle.
Das Bühnenprogramm begann um 14 Uhr an drei zentralen Standorten: dem Neumarkt, dem Jakobikirchplatz und dem Düsseldorfer Platz. Ein erstes Highlight bot das "Gundermann Ensemble", das auf dem Neumarkt vor einem riesigen Publikum auftrat.
Auch die Kinder kamen nicht zu kurz: Die Band "Heavysaurus" brachte mit ihrer kindgerechten Metal-Performance die Kleinen auf den Schultern ihrer Eltern zum Mitrocken. Im Rosenhof lud die "Küche der Nationen" zum Probieren ein. Chemnitzer Vereine präsentierten kulinarische Highlights aus aller Welt.
Lino (31) und Alex genossen ein Gericht aus Madagaskar: Reis mit Linsen und Lamm. "Es ist sehr lecker", lautete ihr Fazit. Das Konzept der Food-Stände fand großen Anklang. Und auch das Wetter spielte mit: Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein bei milden Temperaturen sorgten tagsüber für perfekte Bedingungen, um ausgiebig zu feiern.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnete die Kulturhauptstadt
Ein besonderes Spektakel gab es um 18 Uhr in der Straße der Nationen: Die historische Dampflok "Hegel" wurde von 120 Freiwilligen 350 Meter auf Gleisen gezogen – eine Hommage an die Zeit, als Lokomotiven der Hartmannfabrik per Pferdekutsche zu den Gleisen transportiert wurden.
Tausende verfolgten das Ereignis und feuerten die Helfer lautstark mit "Zieh! Zieh!" an. Der Andrang war so groß, dass das Spektakel kurz unterbrochen werden musste, da Menschenmengen die Gleise blockierten. Dennoch erreichte die Lok pünktlich um 18.40 Uhr die Haltestelle.
Die Show begann eindrucksvoll mit einem Bläserarrangement von Theo Nabicht, das von umliegenden Dächern erklang. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69, SPD) eröffnete danach die Kulturhauptstadt (KuHa) offiziell.
Mitreißende Auftritte von u.a. Bosse, Paula Carolina, Dilla und dem Ballettensemble der Theater Chemnitz rundeten die Show ab, der rund 20.000 Menschen beiwohnten. Allerdings bemängelten Besucher den zu leisen Sound.
Danach war aber noch nicht Schluss: Beim Rave am Neumarkt feierten Tausende bis in die späten Abendstunden. Vor den Chemnitzer Clubs, die ab 20 Uhr zur Aftershow luden, bildeten sich lange Schlangen.
Weltweites Interesse an Kulturhauptstadt
Laut Rathaus berichteten rund 250 Journalisten aus 13 Ländern über die Feierlichkeiten. Auf und hinter den Bühnen sorgten etwa 2000 Mitwirkende für ein abwechslungsreiches Programm.
Besonders hervorzuheben ist der Einsatz von 450 Volunteers, die nicht nur aus Chemnitz, sondern auch aus anderen Städten kamen. Sie unterstützten tatkräftig bei der Betreuung von Infoständen, der Begrüßung der Gäste und zahlreichen organisatorischen Aufgaben.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (69, Grüne), die zur großen Sause auch vor Ort war, weiß, welcher Song für 2025 passen würde: "Ton, Steine, Scherben mit 'Schritt für Schritt ins Paradies'. Das passt gut zu Chemnitz in diesem Jahr." Das kommt auch nicht von ungefähr. Sie war von 1982 bis 1985 Managerin der berühmten deutschen Rockband um Rio Reiser.
Parkeisenbahn-Chef und Hobby-Kabarettist Dietmar Holz (65) hat zur KuHa-Eröffnung einen besonderen Limerick für Chemnitz verfasst: "Auf geht's Kulturhauptstadt - jetzt geht es los, die Eröffnung wird gleich groß. In der Hoffnung, dass Bewohner und Gäste annehmen die zahlreichen Feste - das wäre wirklich famos!"
Erst kürzlich hatte er ein neues Buch mit Limericks über Chemnitz veröffentlicht.
Wie fanden die Besucher die Eröffnungs-Feier?
Thomas Schmitt (56), Hochschullehrer aus Heidelberg
"Es wurde ein tolles Kulturprogramm auf die Beine gestellt. Trotz der Demos und Polizeiaufgebote herrschte hier eine friedliche Atmosphäre. Ich spiele mit der Idee, entlang des Purple Path eine Tour auf dem E-Bike zu machen im Frühling."
Patricia Kovács (24), Studentin aus Chemnitz
"Es freut mich zu sehen, welches Potenzial Chemnitz hat und wie viele junge Menschen heute aktiv mitgemacht haben. Mit der Kulturhauptstadt können wir optimistisch in die Zukunft schauen und damit etwas Großes bewirken."
Heike Behrendt (55), Bürokauffrau aus Chemnitz
"Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es so toll ist. Es ist ganz große Klasse, was hier auf die Beine gestellt wurde. So ein Spektakel wie heute habe ich noch nicht erlebt. "
Anja Löser (45), Case-Managerin aus Chemnitz
"Ich habe mich gefreut, dass bei der Eröffnungsshow auch Chemnitzer Künstler dabei waren. Auch die Leute waren heute sehr entspannt. "