Das sind die Köpfe hinter Chemnitz 2025: "Wir sind Kulturhauptstadt"

Chemnitz - Chemnitz plant Großes für das kommende Jahr: Unter dem Motto "C The Unseen" ("Sieh das Ungesehene") präsentiert sich das Tor zum Erzgebirge gemeinsam mit Kommunen aus dem Umland als Europäische Kulturhauptstadt 2025. Die Industrie-Metropole setzt dabei Akzente bei Machern, Netzwerkern, Vordenkern und Menschen, die das Gemeinwohl im Blick haben. TAG24 zeigt, welche Köpfe dahinterstecken.

Die Hausherrin

Andrea Pötzsch leitet die Villa Esche in Chemnitz.  © Kristin Schmidt

Die Hausherrin Andrea Pötzsch wird regelmäßig um ihren Arbeitsplatz beneidet: Die Chemnitzerin leitet die Villa Esche.

"Die Villa wurde 1902 von dem belgischen Architekten und Designer Henry van de Velde für den Chemnitzer Textilunternehmer Herbert Esche als Familienwohnsitz entworfen", so Pötzsch. Van de Velde gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts zu den gefragtesten Künstlern Europas.

Die Villa Esche gilt als architektonisches Jugendstil-Meisterwerk und beherbergt heute das Henry van de Velde Museum als Dependance der Kunstsammlungen Chemnitz.

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Der Traditionshandwerker

Nils Bergauer (41) arbeitet als Lederhandschuhmacher.  © Kristin Schmidt

Nils Bergauer (41) setzt in Schneeberg eine lange Familientradition fort. Als Lederhandschuhmacher pflegt er ein altes Handwerk, das im Erzgebirge einst weit verbreitet war.

"Der Beruf gilt heute in Deutschland als ausgestorben und wird nicht mehr offiziell ausgebildet", sagt er.

Bergauer fertigt bis zu 1500 Paar Handschuhe pro Jahr. Seine edlen Produkte verschickte er schon bis nach Neuseeland.

Chemnitz 2025 Kulturhauptstadt Anwohner besorgt: Wird dieses Kulturhauptstadt-Projekt rechtzeitig fertig?

Er sagt stolz: "Das Handwerk wird im Erzgebirge auf vielfältige Art noch wirklich gelebt und geehrt."

Die Garagen-Besitzerin

Katja Lücke (56) ist eine von 30.000 Garagen-Besitzern in Chemnitz.  © Uwe Meinhold

Katja Lücke (56) besitzt eine Garage. Das allein ist noch keine Geschichte. Aber in Chemnitz gibt es etwa 30.000 Garagen!

Das Projekt #3000 Garagen widmet sich hingebungsvoll diesen Biotopen, wo sich Generationen von Schraubern, Sammlern und Spezialisten aller Art treffen.

Veranstaltungen wie Ausstellungen, Konzerte und Lesungen werden im kommenden Jahr das Leben dort feiern, wo man bislang nur "Benzin gesprochen" hat.

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Der Bierbrauer

Christian Sack (46) braut seit 2019 sein eigenes Bier.  © Kristin Schmidt

Christian Sack (46) steht im Schneeberger "Braukombinat" am Bierzapfhahn und hat Spaß bei der Arbeit.

"Zuerst war es nur eine Schnapsidee. Doch seit 2019 brauen wir hier im Verein unser eigenes Bier", erzählt der Schlossermeister. Das nichtkommerzielle Braukombinat ist zweifelsohne ein Geheimtipp im gastlichen Erzgebirge, wird auch manchen Kulturhauptstadt-Besucher verköstigen.

"Wir haben keine festen Öffnungszeiten", erklärt Sack. Der Verein kündigt lediglich in sozialen Netzwerken seine Ausschankzeiten und Veranstaltungen an.

Der Nischel

Der Karl-Marx-Kopf zählt zu den größten Sehenswürdigkeiten der Stadt.  © Uwe Meinhold

Karl Marx war nie in Chemnitz. Trotzdem steht sein monumentaler "Nischel" bis heute symbolisch überall für eine Stadt, die im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und nach dem Willen der SED 1953 in Karl-Marx-Stadt umbenannt wurde.

Architektur-Fans können vor Ort viel entdecken - von Ostmoderne über Industriekultur bis Spätgotik.

Unbedingt sehen sollten Gäste: den Kaßberg (eines der größten Gründerzeit- und Jugendstilviertel Europas) sowie die Innenstadt und das Wohngebiet "Fritz Heckert" (sozialistische Musterstadt).

Das Kunstwerk

"Der Schrei" ist wohl das bekannteste Bildmotiv des norwegischen Malers Edvard Munch (*1863; †1944). Der Künstler verarbeitet darin eine eigene Angstattacke.

Chemnitz hat zu Munch eine besondere Beziehung: 1905 weilte der Maler in der Stadt, um sechs Porträts der Familie Herbert Eugen Esche zu malen.

Das Ausstellungsprojekt "Angst" (10. August bis 2. November 2025) der Kunstsammlungen Chemnitz spannt einen Bogen von Munchs historischen Arbeiten in die Gegenwart.

Als Original-Linolschnitt dann hoffentlich dabei: der berühmte "Schrei".

Die Bürgermeisterin

Silke Franzl (48) am Besucherbergwerk Zinngrube Ehrenfriedersdorf.  © Kristin Schmidt

Silke Franzl (48) trägt doppelte Euphorie. Die Bürgermeisterin von Ehrenfriedersdorf steckt voller Tatendrang, wenn es um die Entwicklung vom Besucherbergwerk Zinngrube Ehrenfriedersdorf (Welterbestätte Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří) zum Erlebnis-, Begegnungs- und Lernort und den Sauberg als Hort der Kunst geht.

Franzl schwärmt: "Unsere lokale Kulturszene blüht wieder auf, seit Chemnitz auf dem Weg ist, Kulturhauptstadt zu werden. Hier weht ganz frischer Wind."

Die Künstlerin

Uli Aigner (59) neben ihrer Skulptur, auf dem "Purple Path" steht.  © Kristin Schmidt

Uli Aigner (59) genießt als Porzellan-Künstlerin internationalen Ruhm.

Die Österreicherin nimmt mit ihrem Projekt "One Million" die Globalisierung wörtlich. Auf dem neu geschaffenen Kunst- und Skulpturenweg "Purple Path", der die beteiligten Kommunen im Umland miteinander verbindet, ist Aigner mit zwei Skulpturen vertreten.

"Meine Werke stehen in Lößnitz. Es ist das erste Mal, dass Kunst von mir im freien, öffentlichen Raum präsentiert wird", berichtet Aigner fröhlich-aufgeregt.

Der Freiwillige

Jan Holzapfel (53) unterstützt als Freiwilliger die Kulturhauptstadt-Idee.  © Kristin Schmidt

Jan Holzapfel (53) ist einer von gegenwärtig rund 600 registrierten Freiwilligen, die als sogenannte Volunteers (Freiwillige) die Kulturhauptstadt-Idee unterstützen.

"Ich möchte dazu beitragen, dass die Stadt zur großen Bühne wird, denn ich liebe meine Heimatstadt. Alles, was ihr guttut, tut mir auch gut", sagt der international erfahrene Projektleiter.

Gäste betreuen, Parkplätze einweisen, Auskünfte geben: Solche Jobs übernehmen Volunteers. Ohne sie sind Großereignisse nicht mehr zu stemmen.

Man rechnet, dass in Hochzeiten bis zu 1500 Freiwillige in Chemnitz 2025 gebraucht werden.

Die "Nachbarin"

Julia Naunin (50) ist überzeugt von der Idee der gelebten Nachbarschaft.  © Johannes Richter

Julia Naunin (50) packt in Chemnitz an. Als Projektkoordinatorin der Kulturhauptstadt ackert sie für die Idee von gelebter Nachbarschaft.

"Wir wollen viele hundert Apfelbäume im Stadtgebiet pflanzen", so Naunin. Anwohner, Schulen oder Organisationen sind dabei ihre Partner. Sie sollen Patenschaften übernehmen und sich verpflichten, zwölf Jahre gemeinsam das junge Grün zu hegen und pflegen.

Naunin: "Vom 3. bis 10. November wird es das nächste Pflanzfestival geben."

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