Kein Personal, steigende Preise, Material wird knapp: In Chemnitz wackelt der Traum vom Haus

Chemnitz - Chemnitzer Handwerker schlagen Baustellen-Alarm! Kein Personal, immer weniger Material, steigende Preise - Fachleute befürchten, dass bald viele Hausbau-Träume und damit Kredite platzen.

Andy Rudolph (33) zeigt das noch gut gefüllte Metall-Lager.
Andy Rudolph (33) zeigt das noch gut gefüllte Metall-Lager.  © Uwe Meinhold

"Wir finden kaum noch fähigen Nachwuchs", klagt Andreas Lang (57), Obermeister Sanitär-Heizung-Klima. Die 90 Innungsbetriebe würden sofort 180 bis 200 Mitarbeiter einstellen, doch der Arbeitsmarkt sei leer. Hinzu komme die Materialknappheit. Erste Heizungs- und Lüftungshersteller hätten die Produktion wegen fehlender Teile eingestellt.

Auf den Baustellen behinderten sich die Gewerke gegenseitig, weil keiner die Zeitpläne einhalten könne. Dadurch verzögere sich ein Hausbau um rund sechs Monate. Die Preise auf dem Bau seien zudem um 20 Prozent gestiegen. Andreas Lang: "Weitere 30 Prozent dürften folgen. Wir stehen vor einer Katastrophe."

Malermeister Andreas Hensel (65) aus Hohenstein-Ernstthal beklagt ebenfalls den Fachkräftemangel. Sein Kollege Andreas Pfauch (53) aus Frankenberg sieht weitere Bau-Verzögerungen durch den hohen Krankenstand in den Betrieben: "Wenn Hauskredite aufgrund der Probleme platzen, sehe ich die Gefahr einer neuen Bankenkrise wie 2009."

Das Metall am Bau wird knapp: Cliff Hammer (46) schleift ein Blech bei Metallbau Pohlers.
Das Metall am Bau wird knapp: Cliff Hammer (46) schleift ein Blech bei Metallbau Pohlers.  © Uwe Meinhold

Im Metallbau geht den Firmen unterdessen das Material aus. Stahl kam bislang oft aus Russland und der Ukraine, werde deshalb gehamstert. "Dadurch stiegen die Preise zuletzt um 50 Prozent", weiß der Chemnitzer Handwerker Daniel Pohlers (43). "Erste Flachprofile sind kaum noch zu beschaffen. Wenn sich die Metallkrise zuspitzt, ist die gesamte Bauindustrie lahmgelegt."

Thomas Langer (52) erneuert Heizungsrohre in einem Kaßberg-Wohnhaus.
Thomas Langer (52) erneuert Heizungsrohre in einem Kaßberg-Wohnhaus.  © Kristin Schmidt
Michael Will (50) entfernt alten Fußbodenbelag in Hohenstein-Ernstthal.
Michael Will (50) entfernt alten Fußbodenbelag in Hohenstein-Ernstthal.  © Kristin Schmidt
Der Maler ist da: Peter Thümmler (43) klebt schon mal ein Fenster ab.
Der Maler ist da: Peter Thümmler (43) klebt schon mal ein Fenster ab.  © Kristin Schmidt
Andreas Hensel (65) führt einen Malerbetrieb in Oberlungwitz und beklagt die Personalknappheit.
Andreas Hensel (65) führt einen Malerbetrieb in Oberlungwitz und beklagt die Personalknappheit.  © Kristin Schmidt

Miese Lage am Bau

Kommentar von Bernd Rippert

Dem Handwerk geht es schlecht. Und das nicht erst seit gestern. Immer weniger Personal, jetzt auch noch rasant steigende Preise - die Zukunftsaussichten sind nicht gerade golden.

Die Personalnot in vielen Handwerksbetrieben ist zum Teil auch hausgemacht. Wer rechtzeitig ausreichend ausbildet, gerät später seltener in dieses Fahrwasser. Aber selbst Ausbildungsbetriebe finden in letzter Zeit immer weniger Nachwuchs, weil es schicker geworden ist, zu studieren.

Hinzu kommt das allgemeine Bildungsproblem. Immer mehr Jugendliche werden ohne ausreichende Kenntnisse aus den Schulen gespült und haben Probleme, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Alles zusammen führt dazu, dass dem Handwerk das Personal fehlt und Baustellen darum immer länger dauern. Materialknappheit infolge des Ukraine-Kriegs verschärft die Lage noch. Wenn man dann noch an die gravierenden Preissteigerungen am Bau denkt, sind platzende Hausbau-Kredite in naher Zukunft möglich. Zur Erinnerung: Mit faulen Immobilienkrediten hatte 2008 die Bankenkrise begonnen.

Titelfoto: Uwe Meinhold, Kristin Schmidt

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