Hier fehlt es an Nachwuchs: So stehts um Chemnitzer Platten
Chemnitz - Gegen das Klischee: Auch außerhalb des Heckert-Gebiets gibt es zahlreiche Plattenbauten in der Stadt.
Viele wurden seit der Wende saniert - aber nicht alle. Doch das ist nicht das Hauptproblem der Chemnitzer "Platten".
"Die Mieter-Durchmischung ist die größte Aufgabe heute", sagt Ringo Lottig (54). Der Vorstand der Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft (CSg) kennt die Misere: "Viele Menschen sind in der DDR zur gleichen Zeit eingezogen, oft waren sie im gleichen Alter." Diese Mieter sind heute Senioren und oft Block-Hauptbewohner.
Anfang der 1960er begann im damaligen Karl-Marx-Stadt eine Wohnungsbau-Offensive. "Grund war die Wohnungsnot nach dem Krieg. Allein im Flemming-Gebiet entstanden 10 000 neue Wohnungen, 1962 zogen die ersten Mieter ein", so der CSg-Chef weiter.
Während diese "Altneubauten" noch ein Spitzdach aufweisen, war ab den Siebzigern die neue "Platte" flach - und höher.
Attraktiver Wohnraum nur mit Sanierung möglich
"Das Objekt in der Carl-von-Ossietzky-Straße 202-208 wurde 1970 erbaut, hat 9 Etagen und beinhaltet 139 Wohnungen", schildert Erik Escher (39), Sprecher der Chemnitzer "Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft" (GGG). Diese saniert den Gablenzer Plattenbau seit Jahresanfang für 5,5 Millionen Euro, er soll im Mai 2021 fertig werden.
Doch nicht überall erhält die Platte eine Verjüngungskur. "In den drei L-förmigen Wohnhäusern in der Kutusowstraße sind noch nicht alle der insgesamt rund 530 Wohnungen saniert - um noch ein paar günstige mit Preisen von knapp über 200 Euro zu haben", erläutert Daniel Pfaff (43) von der Chemnitzer Allgemeinen Wohnungsbaugenossenschaft (CAWG).
"Wir müssen aber eigentlich sanieren, um attraktiven Wohnraum zu bieten - denn hier entscheidet der Markt", kontert CSg-Vorstand Lottig.
Mit einem Gesamt-Wohnungsleerstand von 8 bis 9 Prozent und einem Durchschnittspreis von rund 5 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter bildet Chemnitz eine Ausnahme unter den deutschen Großstädten.
Und die Platte außerhalb des Heckerts ist beliebt. "Es ist ruhiger als auf dem Dorf, dort wohnte ich an einer Hauptstraße. Hier schaue ich aus dem Fenster, sehe ins Grüne und die Hasen über die Wiese laufen", sagt Peter Großöhme (34), der seit 2016 in der Kutusowstraße im Yorckgebiet wohnt.
Titelfoto: Maik Börner