Nach Angriff auf jüdischen Studenten: Demo an Uni und Hausverbot für SPD-Senatorin?

Berlin - Die Debatte über den Umgang mit einem tatverdächtigen Studenten nach einem mutmaßlichen Angriff auf einen jüdischen Kommilitonen wird schärfer: Berlins Wissenschaftssenatorin sieht sich nach Äußerungen im RBB Rücktrittsforderungen ausgesetzt. An der Freien Universität Berlin (FU) wird am Donnerstag eine Demo stattfinden.

SPD-Politikerin Ina Czyborra (57) steht in der Kritik.
SPD-Politikerin Ina Czyborra (57) steht in der Kritik.  © Sebastian Gollnow/dpa

Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (62, CDU) warf der SPD-Politikerin Ina Czyborra (57) am Mittwoch Verharmlosung und "Schönfärberei" vor: "Es bleibt nur der Rücktritt."

Das sieht auch der Berliner Abgeordnete Martin Trefzer (54, AfD) so. "Ina Czyborra ist zu einer Belastung für den Kampf gegen den grassierenden Antisemitismus an den Berliner Hochschulen geworden", erklärte er. Die Wissenschaftssenatorin habe sich für die Ausübung ihres Amtes disqualifiziert. Ähnlich äußerte sich Landesvize Sebastian Czaja (40, FDP) bei BILD.

Während von mehreren Seiten eine Gesetzesänderung gefordert wird, um Hochschulen in solchen Fällen auch eine Exmatrikulation zu ermöglichen, hält Czyborra an der Linie eines Hausverbots fest.

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"Es müssen, bevor über schärfere Maßnahmen diskutiert wird, die bisherigen Mittel ausgeschöpft werden, auch wenn dies am Ende gerichtlich verhandelt werden muss", teilte sie mit.

Ein Hausverbot in dem aktuellen Fall nannte sie "dringend erforderlich".

Berliner Politiker fordern Konsequenzen

Kai Wegner (51, CDU, z.v.l.) und Ina Czyborra (e.v.r.) sprechen bei einer Pressekonferenz. (Archivbild)
Kai Wegner (51, CDU, z.v.l.) und Ina Czyborra (e.v.r.) sprechen bei einer Pressekonferenz. (Archivbild)  © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Regierungschef Kai Wegner (51, CDU) forderte eine schnelle und harte Bestrafung. Der Rechtsstaat werde bei antisemitischen Straftaten mit aller Härte durchgreifen.

"Die Hochschulen, in diesem Fall die Freie Universität und ihre Leitung, sind aufgefordert, zu handeln und antisemitische Vorfälle nicht länger zu dulden oder kleinzureden", schrieb Wegner auf der Plattform X.

Die Hochschulen bräuchten Instrumente, um konsequent und schnell handeln zu können. "Wenn dazu eine Änderung des Hochschulgesetzes erforderlich sein sollte, werden wir in der Koalition darüber sprechen."

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Franziska Giffey (45, SPD) erklärte bei X: "Der Schutz von Jüdinnen und Juden an allen Orten in unserer Stadt ist unsere Pflicht." Das gelte auch für Hochschulen.

"Wenn uns dort für die Durchsetzung dieses Schutzes die rechtlichen Mittel fehlen, müssen wir diese nachschärfen, damit solche Taten auch an Hochschulen Konsequenzen haben."

Berlin: Demo an der Freien Universität

An der Freien Universität Berlin kam es wohl zu einem antisemitisch motivierten Angriff. (Symbolbild)
An der Freien Universität Berlin kam es wohl zu einem antisemitisch motivierten Angriff. (Symbolbild)  © Christoph Soeder/dpa

Am morgigen Donnerstag ist von 12 bis 14 Uhr an der FU eine Demonstration unter dem Titel "Solidarität mit Palästina" angekündigt.

Eine Privatperson habe einer Polizeisprecherin zufolge 100 Teilnehmer angemeldet.

In einem Statement vom vergangenen Montagmittag erklärte der Präsident der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Günter M. Ziegler: "Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt allen Opfern antisemitischer Anfeindungen und Gewalt; die Freie Universität Berlin steht für Offenheit und Toleranz und distanziert sich von jeglicher Form von Gewalt und Hetze."

Die Uni steht von mehreren Seiten in der Kritik, nachdem der 30 Jahre alte, jüdische Student Lahav Shapira am Wochenende mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen war.

Ein 23 Jahre alter propalästinensischer Kommilitone soll ihn im Ausgehviertel in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein (56), sagte danach dem "Tagesspiegel", die Leitung der Uni sei "viel zu tolerant".

Unter anderem eine Hörsaalbesetzung einer Gruppe namens "FU Students for a Free Palestine" hatte im Dezember für Aufsehen gesorgt.

Titelfoto: Christoph Soeder/dpa, Sebastian Gollnow/dpa (Bildmontage)

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