Berlins SPD-Chef Saleh kassiert Klatsche bei Mitgliederbefragung
Berlin - Die Berliner SPD steht vor einem spektakulären Wechsel an der Spitze, denn bei der Mitgliederbefragung zur künftigen Doppelspitze erlitt der amtierende Landesvorsitzende, eine krachende Niederlage.
Der langjährige Fraktionschef Raed Saleh (46) war gemeinsam mit der Bezirkspolitikerin Luise Lehmann (27) aus Marzahn-Hellersdorf angetreten.
Das Duo kam nur auf 15,65 Prozent, wie die Co-Landesvorsitzende Franziska Giffey (45) am Samstag nach der Auszählung mitteilte. Sie amtiert gemeinsam mit Saleh seit November 2020 und trat nicht noch einmal an.
Die anderen beiden Bewerberduos stellen sich nun einem zweiten Wahlgang, weil keines eine absolute Mehrheit erreichte. Das Team aus Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (37) und Ex-Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini (49) fuhr mit rund 48,2 Prozent das beste Ergebnis ein und verfehlte die absolute Mehrheit damit nur knapp.
Das Team aus dem SPD-Landesvize Kian Niroomand (33) und der früheren Co-Vorsitzenden der Berliner SPD-Frauen, Jana Bertels, kam auf 36,1 Prozent und ist ebenfalls weiter im Rennen.
Martin Hikel erfreut über Ergebnis der Mitgliederbefragung: "Gegen ein Weiter-so gestimmt"
Die zweite Runde der Mitgliederbefragung mit den beiden bestplatzierten Teams findet vom 2. bis 17. Mai um 22 Uhr statt. Wie schon beim ersten Wahlgang sind rund 18.000 Mitglieder aufgerufen, ihre Stimme online oder per Brief abzugeben.
In Runde eins lag die Beteiligung bei eher mageren 47,6 Prozent. Giffey zeigte sich damit zufrieden, aber: "Man wünscht sich natürlich immer mehr."
Hikel sagte nach der Auszählung, in der Berliner SPD werde nun eine neue Ära eingeleitet. "Die Mitglieder haben gegen ein Weiter-so gestimmt." Bertels vom zweiten Team sagte, das Votum zeige den Wunsch vieler Sozialdemokraten nach einem Neustart der Partei. "Das wäre mit uns möglich".
Beide Teams einte der Wille, gegen das Establishment an der Parteispitze vorzugehen und neue Wege einzuschlagen, um die seit Jahren bei Wahlen immer mehr schwächelnde SPD wieder nach vorn zu bringen.
Programmatisch unterscheiden sie sich in einigen Punkten. So stellten Hikel und Böcker-Giannini etwa das kostenlose Kita-Essen für alle Kinder infrage, Niroomand und Bertels sprachen sich hier gegen Änderungen aus.
Franziska Giffey sieht "zwei gute Angebote" in den verbleibenden Duos
Saleh und Lehmann zeigten sich enttäuscht. "Unsere Mitglieder haben im ersten Wahlgang eine eindeutige Entscheidung getroffen, die wir voller Respekt und verantwortungsvoll annehmen", erklärten beide.
"Selbstverständlich ist dieses eindeutige Ergebnis für uns persönlich enttäuschend, als Partei wird uns die baldige Klarheit aber insgesamt stärken und konzentriert zusammenführen und zusammenarbeiten lassen."
Saleh und Giffey führen die SPD seit November 2020. Nach Salehs Niederlage als Parteichef stellt sich nun die Frage, wie es mit dem einflussreichen Politiker als Fraktionschef im Abgeordnetenhaus weitergeht.
Er leitet die Fraktion seit 2011. "Hier wurde über den Landesvorsitz abgestimmt und nicht über die Abgeordnetenhausfraktion", sagte Giffey dazu.
"Die SPD hat zwei gute Angebote", ergänzte sie mit Blick auf die verbliebenen beiden Duos. Auch die zweite Phase der Mitgliederbefragung werde die SPD sehr konzentriert angehen und am Ende zu einem guten Ergebnis kommen. Endgültig gewählt werden soll die neue Doppelspitze bei einem Landesparteitag am 25. Mai.
Titelfoto: Fabian Sommer/dpa