Von Marion van der Kraats
Berlin - Ein bereits inhaftierter Berliner Palliativmediziner soll deutlich mehr Menschen getötet haben, als zunächst angenommen.
Die Staatsanwaltschaft Berlin geht nach weiteren Ermittlungen derzeit von mindestens acht Opfern aus und ermittelt wegen Mordes, wie Behördensprecher Sebastian Büchner mitteilte.
Zuvor waren Unterlagen von weiteren Patienten des Arztes ausgewertet sowie zwei weitere Leichen ausgegraben und von der Gerichtsmedizin untersucht worden.
Danach geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 40-Jährige auch für den Tod von zwei Frauen im Alter von 70 und 61 Jahren sowie zwei 70 und 83 Jahre alten Männern verantwortlich ist. Er soll den Betroffenen jeweils ein "Gemisch verschiedener Medikamente" verabreicht haben.
Der Mediziner sitzt seit Anfang August in Untersuchungshaft. Ursprünglich stand er im Verdacht, vier Patientinnen im Alter zwischen 72 und 94 Jahren in deren Wohnungen getötet zu haben. Anschließend soll er dort Feuer gelegt haben, um die Taten zu vertuschen. Die Ermittlungen erfolgten zunächst wegen Totschlags und Brandstiftung.
Inzwischen geht die Staatsanwaltschaft jedoch von Mord aus.
Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen soll der Beschuldigte kein anderes Motiv als das der Tötung der Opfer gehabt haben, wie Sprecher Büchner mitteilte. Damit sei das Mordmerkmal der "Mordlust" erfüllt.
Mediziner legte Brände, um Tötung der Patienten zu verdecken
Der Haftbefehl gegen den Mediziner ist laut Staatsanwaltschaft von einem Ermittlungsrichter entsprechend erweitert worden. Der 40-Jährige hat sich laut Büchner bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Bereits nach der Verhaftung des Mannes im Sommer hieß es, es werde geprüft, ob es weitere mögliche Taten gebe. Auch jetzt dauert die Prüfung an, ob es Anhaltspunkte für weitere Taten gibt, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Dafür sei bereits vor einigen Wochen eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet worden.
Der Mediziner soll die Taten im Rahmen seiner Tätigkeit für einen Pflegedienst begangen haben. Die schwer kranken Patientinnen befanden sich der Staatsanwaltschaft zufolge zum Tatzeitpunkt nicht in einer akuten Sterbephase. Zunächst ging es um vier Fälle im Zeitraum von 11. Juni und 24. Juli 2024.
Ausgelöst wurden die Ermittlungen seinerzeit durch die Brände, die der Mediziner gelegt haben soll, um die Tötung der Patienten zu verdecken. Die Polizei ermittelte zunächst wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Dabei geriet dann aber zunehmend der Arzt in den Fokus. Dazu beigetragen haben laut Staatsanwaltschaft Hinweise des Pflegedienstes, für den der Beschuldigte gearbeitet hat.
Mitarbeiter des Pflegedienstes hatten sich im Sommer nach Bekanntwerden der Vorwürfe zutiefst erschüttert gezeigt. Der gesamte Sachverhalt sei für sie unbegreiflich, teilte die Geschäftsführung Anfang August mit.
Die vollständige Aufklärung habe Priorität, hieß es damals. "Wir kooperieren bestmöglich mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft."
Erstmeldung am 28. November um 11.24 Uhr, aktualisiert um 11.46 Uhr