Tag der offenen Tür im Knast: Inhaftierter berichtet von seinem Leben ohne Gitter

Berlin - TAG24 hat für Euch einen Blick hinter die Kulissen eines Knastes geworfen und mit einem Inhaftierten gesprochen, der im offenen Vollzug seine Strafe verbüßt. Wie Michel (53) seinen Alltag gestaltet und was ihn erdet, verriet er in einem Interview.

Michel (53) ist "Freigänger" und arbeitet in einer Werkstatt des offenen Vollzugs in Berlin.
Michel (53) ist "Freigänger" und arbeitet in einer Werkstatt des offenen Vollzugs in Berlin.  © TAG24

Der gebürtige Niederländer wurde im Jahr 2021 in Berlin wegen bandenmäßigen Drogentransports festgenommen.

Sechs Jahre bekam Michel dafür, wie er TAG24 gegenüber beim Tag der offenen Tür in der Teilanstalt Niederneuendorfer Allee am gestrigen Freitag sagte.

Nach seiner Festnahme kam der gelernte Elektriker für elf Monate in U-Haft. Die Zeit in der JVA Moabit sei für ihn keine leichte gewesen, denn er hasse es, keine Aufgabe zu haben. "Man sitzt den ganzen Tag in der Zelle. Ich muss was zu tun haben. Im offenen Vollzug geht die Zeit viel schneller rum. Man hat Beschäftigung", berichtete Michel.

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Unter der Woche arbeitet der 53-Jährige in der Werkstatt und baut unter anderem verschiedene Vogelhäuser und Insektenhotels aus Holz. Danach hat Michel Freigang und gehe oft in den nahegelegenen Forst für ausgiebige Spaziergänge.

In der Natur finde der Niederländer Ruhe und könne abschalten.

In einer Werkstatt der JVA gehen Inhaftierte ihrer Erwerbstätigkeit nach.
In einer Werkstatt der JVA gehen Inhaftierte ihrer Erwerbstätigkeit nach.  © TAG24

Inhaftierte im offenen Vollzug haben einige Vorteile

Am gestrigen Freitag lud die Teilanstalt in der Niederneuendorfer Allee zum Tag der offenen Tür ein.
Am gestrigen Freitag lud die Teilanstalt in der Niederneuendorfer Allee zum Tag der offenen Tür ein.  © TAG24

"Angeln ist jedoch nichts für mich. Da sitzt man nur rum", sagte Michel lachend, der Langeweile gar nicht ausstehen könne.

Montags und freitags engagiere er sich eigenen Angaben nach ehrenamtlich als Hausmeister im Tierheim in Falkensee.

An Wochenenden habe der 53-Jährige "frei" vom Knast. Diese Zeit nutze er mitunter, um an Sonntagen diverse Flohmärkte zu erkunden. Ausnutzen würde er die ihm gelegentlich gewährte Freiheit nicht, denn "Das Leben ist zu kurz."

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In der JVA des offenen Vollzugs Berlin haben insgesamt 908 Männer Platz. Dort werden Inhaftierte aufgenommen, die sich nach der Verurteilung auf freiem Fuß befinden und sich selbst zum Strafantritt melden (sogenannte Selbststeller) oder die aus dem geschlossenen in den offenen Vollzug verlegt werden, wie im Fall von Michel.

Als Freigänger haben sie die Möglichkeit auch außerhalb der Haftanstalt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Titelfoto: TAG24 (Bildmontage)

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