RBB muss entlassenem Direktor nach Gerichts-Schlappe satte 750.000 Euro Ruhegeld zahlen
Berlin - Das Arbeitsgericht Berlin hat den RBB zur Zahlung von Ruhegeld an den in der Senderkrise fristlos entlassenen Produktions- und Betriebsdirektor Christoph Augenstein (60) verurteilt.

Die Ruhegeld-Regelung sei nicht sittenwidrig, teilte das Gericht am Montag mit.
Auch unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, denen der RBB als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt verpflichtet sei, liege kein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vor, hieß es weiter zu der Entscheidung. Der Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig, es kann dagegen Berufung eingelegt werden.
Die Ruhegeld-Vereinbarung im Arbeitsvertrag sieht nach Gerichtsangaben vor, dass Augenstein ab Ende seiner Befristung monatlich etwa 8900 Euro bis zum Beginn der Rente im September 2030 erhält und danach Altersruhegeld. Augenstein hatte nach seiner fristlosen Kündigung auf die Zahlung des Ruhegeldes gepocht und zog vor Gericht.
Der öffentlich-rechtliche ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) war im Sommer 2022 in eine Krise um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Verschwendung gestürzt. Neben der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger (62) mussten nach und nach auch mehrere Direktoren, die Teil der Geschäftsleitung waren, gehen. Dazu zählte Augenstein.
Vor dem Landgericht Berlin läuft ein Rechtsstreit zwischen Schlesinger und RBB

Der ehemalige Direktor bekam vom Gericht nicht in allen Punkten recht. So wies es seine Forderung nach Schadenersatz wegen Rufschädigung und Persönlichkeitsrechtsverletzung gegen den RBB ab. Der Sender scheiterte darüber hinaus mit einer Widerklage, in der er Geld von Augenstein zurückverlangte. Es ging um Spesen und um eine Zulage.
Das Arbeitsgericht hat sich bereits mit drei anderen Fällen beschäftigt, bei denen ehemalige RBB-Führungskräfte gegen ihre Kündigung in der Krise geklagt hatten. Bislang waren in den Urteilen die Klagenden aber - anders als in diesem Fall - im Wesentlichen gescheitert. Es wurde laut Arbeitsgericht in allen drei Fällen Berufung eingelegt, so dass sich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg als nächsthöhere Gerichtsinstanz mit dem RBB-Komplex weiter beschäftigen wird.
Unabhängig von den arbeitsrechtlichen Streitigkeiten ermittelt zur RBB-Krise auch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin unter anderen gegen Ex-Intendantin Schlesinger, die Vorwürfe zurückgewiesen hatte. Es gilt bis zum rechtskräftigen Abschluss die Unschuldsvermutung. Zu Jahresbeginn hatte die Generalstaatsanwaltschaft auf Nachfrage mitgeteilt, dass sie noch Unterlagen auswerte. Ein ungefährer Zeitpunkt für eine Entscheidung zu den Ermittlungen sei noch nicht absehbar.
Vor dem Landgericht Berlin läuft zudem ein Rechtsstreit zwischen Schlesinger und RBB, ein Verhandlungstermin ist noch nicht bekannt. Es geht dabei auch um Ruhegeld-Regelungen. Schlesinger hatte gegen den RBB verklagt. Der Sender fordert im Gegenzug mehr als eine Viertelmillion Euro von der früheren Intendantin zurück.
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