Neuköllner Niemandsland bekommt Berlins ersten Wolkenkratzer
Von Anja Sokolow
Berlin - Zwischen neuer Stadtautobahn und Schifffahrtskanal entsteht der erste Wolkenkratzer in Berlin. Ursprünglich waren nur Hotelzimmer geplant. Doch die Corona-Pandemie hat die Pläne verändert.
Der Blick reicht von der Sonnenallee übers Tempelhofer Feld bis in den Wedding: Wer sich mit dem Außenfahrstuhl in über 150 Meter Höhe auf den ersten Wolkenkratzer Berlins wagt, der wird mit einem fast unendlichen Blick über die ganze Stadt bis nach Brandenburg belohnt.
Berlin ist damit nach Frankfurt am Main und Bonn die dritte Stadt bundesweit, in der ein Gebäude die 150-Meter-Marke knackt und somit als Wolkenkratzer gilt.
Noch ist der Estrel Tower an der Neuköllner Sonnenallee, der als "Höhepunkt Berlins" beworben wird, ein Rohbau. 160 von 176 geplanten Metern sind geschafft. Am Ende soll der Turm 45 Etagen haben. Nur der Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz mit seinen 368 Metern überragt ihn dann noch.
Besucher müssen künftig aber keinen provisorischen Außenfahrstuhl nutzen, sondern können von innen bis in die Turmspitze zur Skybar gelangen. Von dort oder auch aus den Hotel- und Bürozimmern sollen sie voraussichtlich ab 2026 den Weitblick genießen können.
Berliner Wolkenkratzer nimmt Form an
Der Estrel Tower wird das Pendant zum Estrel Berlin auf der anderen Seite der Sonnenallee, das eigenen Angaben zufolge Deutschlands größtes Hotel ist. "Beide sollen künftig mit einem Tunnel unter der Straße verbunden werden", erklärt der Berliner Architekt Lukas Weder vom Büro Barkow Leibinger.
"Wir hatten verschiedene Krisen zu meistern: stark gestiegene Energie- und Baupreise und die Coronakrise stellten enorme Herausforderungen dar", erzählt der Architekt.
"Geplant waren verschiedene polygonal geformte Bauten, die von oben wie ein Tangram-Spiel aussehen", so Weder. Die Pandemie habe die Planung deutlich verändert. "Der Gesamtkomplex wurde auf einen Turm mit Sockel verkleinert und sämtliche Funktionen wurden in das neue Gebäude integriert", so Weder.
Neben dem Hochhaus mit Atrium entsteht nun noch ein "Ballroom" - ein Saal für bis zu 1200 Personen. Auf der frei gewordenen Fläche sollen laut dem Architekten eine Wildblumenwiese und ein Park zum Kanal hin entstehen.
Etwa 400 Arbeiter sind im Drei-Schicht-System auf der Baustelle beschäftigt. Laut dem Architekten dauert es etwa sieben bis neun Tage, bis eine Etage im Rohbau fertig ist. Etwa noch einmal so lange brauchen die Arbeiter für das Schließen der Fassade. Die Logistik sei komplex.
Titelfoto: Jens Kalaene/dpa