Meine Rückkehr auf die Fanmeile: "Jetzt werden wir Weltmeister!"

Deutschland macht gegen Ungarn vorzeitig den Einzug ins Achtelfinale perfekt. Tausende Fans verfolgten in Berlin das Spiel auf Deutschlands größter Fanmeile. TAG24 war für Euch vor Ort. Ein Erlebnisbericht.

Berlin - Ganze 14 Jahre ist mein letzter Besuch der Berliner Fanmeile jetzt schon her. Damals siegte die deutsche Nationalelf mit 1:0 gegen Ghana. Torschütze: ein gewisser Mesut Özil.

Tausende Fußballfans verfolgten auf der Fanmeile das zweite Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft.
Tausende Fußballfans verfolgten auf der Fanmeile das zweite Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft.  © Joerg Carstensen/AFP

2006, beim Sommermärchen, sah das noch anders aus. Das ein oder andere Deutschland-Spiel, aber auch andere WM-Spiele ließ ich mir nicht entgehen.

Daher wusste ich auch: Pünktlich da sein ist die halbe Miete. Schon beim Eröffnungsspiel am Freitag gegen Schottland musste eine Stunde vor Anpfiff zwischenzeitlich der Eingang gesperrt werden. Zu voll. Das kannte sogar ich bei meinen nun doch seltenen Besuchen nicht anders.

Zu meiner großen Überraschung musste ich jedoch nicht einmal fünf Minuten anstehen. Und auch zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule war noch jede Menge Platz. Das habe ich noch anders in Erinnerung.

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Teilweise konnte man sich kaum bewegen und auch die "Erleichterung" im Tiergarten, weil das Anstehen für die Toiletten zu lange dauert, fällt weg. Dafür haben die Organisatoren mit Absperrgittern und reichlich Toiletten gesorgt.

Bis zum Anpfiff ist es allerdings auch noch eine gute Stunde hin. Als ich die Fanmeile betrete, läuft noch Kroatien gegen Albanien. Kaum wandert der Blick zum XXL-Monitor, fällt auch schon das 2:2 für die Albaner.

Teure Fanmeile: Bier und Bratwurst kosten 13 Euro

Prächtige Stimmung vor dem Brandenburger Tor.
Prächtige Stimmung vor dem Brandenburger Tor.  © Joerg Carstensen/AFP

Beide wollen den Sieg. Der Lucky Punch bleibt aber aus. Der Großteil ist ohnehin für die deutsche Nationalelf da, muss sich aber noch gedulden.

Die Zeit vertreiben lässt sich mit dem ein oder anderen Bierchen. Drei sollten es am Ende werden. Zudem bieten die Essensstände mehr als nur überteuerte Pommes oder Currywurst an. Wer will, kann einen Döner (für acht Euro), aber auch Indisch oder Peruanisch essen.

Günstig wird es aber nicht. Ein Bier kostet sechs Euro, hinzu kommen noch drei Euro Pfand. Essen soll es ab vier Euro geben. Damit kann aber nur eine Brezel gemeint sein.

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Auch eine halbe Stunde vor Anpfiff ist noch jede Menge Platz, was aber auch am Wetter liegen kann. Erst jetzt hat der Regen aufgehört. Währenddessen versucht ein Chor die Stimmung einzuheizen. Damit auch alle beim Kassenschlager "Völlig losgelöst" oder "Tage wie diese" mitsingen können, wird unten der Text eingeblendet, dann kann es endlich losgehen.

Obwohl Ungarn als Angstgegner gilt, ist der Optimismus groß. Ein Paar ist extra aus Baden-Württemberg angereist. Sein Tipp: 3:1. Immerhin hat die Differenz gestimmt.

Dass bei einem Besuch der Fanmeile die Sicht durch eine Deutschland-Perücke kurzzeitig versperrt wird, kann schon mal vorkommen.
Dass bei einem Besuch der Fanmeile die Sicht durch eine Deutschland-Perücke kurzzeitig versperrt wird, kann schon mal vorkommen.  © TAG24

Zahlreiche Fans kommen mit Deutschlandtrikots oder Flaggen

Die Besucher haben sich mit Fanutensilien eingedeckt.
Die Besucher haben sich mit Fanutensilien eingedeckt.  © Joerg Carstensen/AFP

Die zwei Freundinnen aus Moabit und Pankow, die regelmäßig bei den Turnieren vorbeischauen, liegen ebenfalls richtig. Nur der etwas betrunkene Typ mit langen Haaren und Deutschland-Käppi neben mir ist da etwas weniger optimistisch. "Dit kann ja nichts werden mit diesen schei*pinken Trikots."

Das 1:0 durch Musiala können wir noch gemeinsam erleben, auch wenn ein Fan mit Deutschland-Afro ab und an die Sicht versperrt. Noch vor der Halbzeit hat er genug. Er will das Spiel lieber außerhalb der Fanmeile verfolgen: "Da is dit Bier billiger."

Die Stimmung ist gut. Konkrete Angaben, wie viele zur Straße des 17. Juni gekommen sind, gab es auch am Abend nicht. Mein Gefühl sagt aber: mehr als bei der Querdenker-Demo, denn jetzt spielt auch das Wetter mit. Es scheint sogar die Sonne.

Fangesänge bleiben dann aber doch eher Mangelware. Lediglich bei Toren wirken die Zuschauer - Achtung, Wortwitz - völlig losgelöst. Wenn schon nicht im Stadion, dann wird der beliebte Torjingle immerhin hier gespielt.

Der auf 24.000 Quadratmeter verteilte Kunstrasen verleiht dem größten Public Viewing in Deutschland eine gewisse Note. Dass sich das Publikum in all den Jahren nicht verändert hat, ist zumindest keine Neuigkeit. Jeder ist willkommen - ob mit oder ohne Fußballexpertise.

Nicht fehlen dürfen aber die Fanutensilien. Zahlreiche Fans sind mit Deutschlandfahnen, Nationaltrikots, Hüten, Ketten oder Perücken in Schwarz-Rot-Gold, mindestens aber mit Deutschland-Schminke im Gesicht gekommen. Auffällig ist: Je weiter es zum Brandenburger Tor geht, desto mehr hat die Gen Z die Oberhand. Vor allem Schüler geben den Ton an.

Sie sehen einen ungefährdeten Sieg. Gündogan macht in der 67. Minute den Einzug ins EM-Achtelfinale perfekt. Das nächste Sommermärchen kann und soll kommen. Zufrieden feiern Tausende Anhänger den Sieg. Ein Satz habe ich dann aber doch noch aufgeschnappt, kann allerdings nicht sagen, ob der Fan es ernst oder als Scherz gemeint hat: "Jetzt werden wir Weltmeister!"

Titelfoto: Joerg Carstensen/AFP

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