Hungerstreik-Camp in Berlin: Klima-Aktivist in "sehr kritischem Zustand"
Berlin - Auch am neuen Standort im Berliner Invalidenpark führen die Teilnehmer des Hungerstreik-Camps ihren radikalen Protest unbeirrt weiter. Ihr Zustand ist teilweise kritisch, wie TAG24 am Dienstag auf einer Pressekonferenz der Aktivisten erfuhr.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit 62 Tagen hungert der Ingenieur Wolfgang Metzeler-Kick (49, aka Wolli). Richard Cluse (57) aus Potsdam isst seit 44 Tagen nichts. Und Michael Winter (61) nimmt seit 26 Tagen keine Nahrung zu sich.
Vor allem Michael Winter gibt Grund zur Sorge: Der BMI des 61-Jährigen aus Garching bei München liegt mit einem Wert von 16 im stark untergewichtigen Bereich.
Winter befinde sich in "sehr kritischem Zustand", bestätigte Dr. Susanne Koch, Sprecherin des medizinischen Support-Teams.
Unter derart ernsten Bedingungen könne das Team den medizinischen Support nicht weiter verantworten, so die Ärztin. Sie empfahl dem Klimaschützer, eine Klinik aufzusuchen. Winter kündigte an, den Hungerstreik fortsetzen zu wollen.
Der Zustand von Metzeler-Kick und Cluse sei "noch ausreichend", führte Koch weiter aus. Doch auch das könne sich "schlagartig ändern", sollten die Aktivisten in einen trockenen Hungerstreik eintreten. Noch nehmen sie Vitamine und Elektrolyte zu sich.
Bundeskanzler Scholz schweigt zu den Forderungen
Die Hungerstreikenden fordern "mehr Klimaehrlichkeit" von der Bundesregierung. Kanzler Olaf Scholz (65, SPD) solle in einer Regierungserklärung die Bedrohung der menschlichen Zivilisation durch die Klimakrise öffentlich zugeben, so die Aktivisten.
Bislang hat der Bundeskanzler nicht auf den Appell der Protestierenden reagiert. Wolfgang Metzeler-Kick will den Hungerstreik daher verschärfen und am Mittwoch auch auf das Trinken verzichten. Künftig wolle er zudem auch keine Säfte mehr zu sich nehmen, kündigte der Ingenieur an.
Am Dienstag trat mit dem 34-jährigen Adrian Lack ein weiterer Aktivist in einen "schweigenden Hungerstreik". "Ich habe mich entschieden, ebenfalls zu schweigen, bis Olaf Scholz sich bei uns meldet oder endlich die Wahrheit ausspricht", erklärte der Berliner.
Bei ihrem Protest können die Aktivisten auf die Unterstützung zahlreicher Wissenschaftler bauen. "Wir bestätigen den Hungerstreikenden, dass ihre Feststellungen wissenschaftlich solide sind", sagte Bernhard Steinberger, Geoforscher am Helmholtz-Zentrum Potsdam GFZ.
Einige begleiten die Aktion in kritischer Solidarität. So betonte Diplom-Psychologin Lea Dohm, sie stehe hinter den Forderungen der Gruppierung, distanziere sich aber von der Protestform. "Wir bekunden große Sorge um die Hungerstreikenden", sagte Dohm.
Titelfoto: TAG24