Er schuf Musik zum Wiederaufbau der Frauenkirche: Komponist Siegfried Matthus gestorben
Stolzenhagen - Siegfried Matthus, einer der wichtigen deutschen Komponisten nach 1945, ist tot. In das Dresdner Musikleben hat sich der gebürtige Ostpreuße besonders mit zwei historischen Produktionen eingeschrieben.
Matthus verstarb am vergangenen Freitagnachmittag in seinem Haus in Stolzenhagen, Brandenburg, im Kreise seiner Familie, wie die TAG24 aus dem privaten Umfeld des Komponisten erfuhr. Geboren am 13. April 1934, wurde er 87 Jahre alt.
Ein Ort ist besonders mit dem Namen des Tonsetzers verbunden - Rheinsberg im Ruppiner Land, wo er als junger, heranwachsender Mann nicht nur sein Abitur ablegte. 1990 half er der Kammeroper Schloss Rheinsberg ins Leben, einem Musikfestival, das schnell weit über die Region hinaus Bedeutung gewann.
Bis 2014 leitete Matthus das Festival, das im selben Jahr mit der Musikakademie (Bundes- und Landesakademie) Rheinsberg zur Musikkultur Rheinsberg gGmbH fusionierte. Anschließend, bis 2018, hatte Matthus' Sohn Frank, 1964 geborener Schauspieler und Regisseur, als Nachfolger die Leitung inne.
Die Lebensgeschichte des Siegfried Matthus ist auch die von Flucht und Vertreibung. In der späten Phase des Krieges floh seine Familie unter dramatischen Umständen vom ostpreußischen Mallenuppen, dem heutigen Sadoroschje (Kaliningrad), nach Westen. Im brandenburgischen Läsikow kam die Flucht schließlich zum Stehen.
Hineingeboren in eine musikalisch vorgebildete Familie, ging der junge Siegfried beruflich diesen Weg, studierte in Berlin (Ost) an der Musikhochschule und brachte es bis zum Meisterschüler von Hanns Eisler (1898-1962). Ab Mitte der 60er-Jahre war er als freischaffender Komponist tätig. Matthus avancierte zum prominentesten zeitgenössischen Komponisten der DDR, 1985 erhielt er eine Professur.
Einfluss auf Dresdens Kultur gewann Matthus in besonderer Weise gleich zweimal an jener Nahtstelle, wo Musik-, Architektur- und Zeitgeschichte aufeinandertreffen.
Matthus komponierte Te Deum zur Weihe der Frauenkirche Dresden
1985 schuf er zur Eröffnung der wiederaufgebauten Semperoper das Stück "Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke", eine, laut Untertitel, "Opernvision nach Rainer Maria Rilke", basierend auf dessen gleichnamiger Dichtung von 1899 über einen jungen Adeligen in den Kriegswirren des 17. Jahrhunderts, von Matthus als "Tragödie eines jungen Mannes" aufgefasst.
Die Uraufführung fand statt am 16. Februar unter Leitung von Hartmut Haenchen (78), in der Inszenierung von Ruth Berghaus (1927-1996).
2005 komponierte er ein Te Deum zur Weihe der wiedererrichteten Frauenkirche, uraufgeführt am 11. November von der Dresdner Philharmonie unter Leitung von Kurt Masur (1927-2015). Der Wiederaufbau der Frauenkirche sei "eine ungetrübte Freude in einer Zeit mit so vielen Katastrophen", so zitierten wir den Komponisten damals.
Dass ihm der Auftrag, "für diese Kirche ein Te Deum schreiben zu dürfen, in den Schoß gefallen" sei, so Matthus, war "ein Glücksfall in meinem Komponistenleben".
Siegfried Matthus hinterlässt Ehefrau Helga, Opernsängern, mit der er seit 1957 verheiratet war, Sohn Frank und vier Enkel.
Titelfoto: Carla Arnold