"Todes- und Tabuzone ist die Langeweile": Stuckrad-Barre und Bauer über ihren Podcast

Berlin - Sie kennen sich noch nicht lange. Die gegenseitige Annäherung haben Jasna Fritzi Bauer und Benjamin von Stuckrad-Barre gleich als Podcast umgesetzt. Unterschiedliche Ansichten sind Programm.

Benjamin von Stuckrad-Barre (l.), Schriftsteller, und Jasna Fritzi Bauer, Schauspielerin (r.).
Benjamin von Stuckrad-Barre (l.), Schriftsteller, und Jasna Fritzi Bauer, Schauspielerin (r.).  © Annette Riedl/dpa

Sie sind sich bei Instagram über den Weg gelaufen. "Obwohl man immer sagt, man lernt dort keinen Menschen kennen", sagt Benjamin von Stuckrad-Barre (44). Aber bei Jasna Fritzi Bauer (30) sei das Gegenteil der Fall gewesen.

Die erste Begegnung im realen Leben war vielversprechend: "Wir haben die ganze Nacht hindurch Blödsinn gemacht und geredet." Der Schriftsteller ("Panikherz") und die Schauspielerin ("Axolotl Overkill") fassen gleich am ersten Abend einen Entschluss, wie sie der dpa schildern: "Ehe wir uns jetzt ganz gut kennenlernen, machen wir gleich eine Sendung daraus."

Das Ergebnis ist von diesem Donnerstag an als Podcast "Ja Ja, Nee Nee" bei Spotify zu hören. Zwölf Mal soll es jede Woche eine neue Folge geben. "Wir haben gemerkt, dass es ergiebig ist, wenn wir reden", sagt von Stuckrad-Barre, "uns schien Podcast genau das richtige Medium, ohne Bild und nur Sprache - aus Freude an der Sprache."

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Beide nutzen auch selbst Podcasts. "Ich höre Elena Gruschka und Max Richard Leßmann kurz vor dem Schlafengehen, im Flugzeug oder in der Bahn", sagt Bauer. Von Stuckrad-Barre greift zum Einschlafen zu den Podcasts von Bret Easton Ellis oder Alec Baldwin.

Mit dem Format für die eigene Sendung wurde zunächst etwas experimentiert, es sollte absehbar abgeschlossen sein. "Ich finde es immer schön, etwas zu machen, was eine klare Struktur hat. Wo jeder auch weiß: Wo ist der Anfang, wo ist das Ende?", erzählt von Stuckrad-Barre.

Alltägliche Themen

Die gegenseitige Annäherung haben Jasna Fritzi Bauer (l.) und Benjamin von Stuckrad-Barre (r.) gleich als Podcast umgesetzt.
Die gegenseitige Annäherung haben Jasna Fritzi Bauer (l.) und Benjamin von Stuckrad-Barre (r.) gleich als Podcast umgesetzt.  © Annette Riedl/dpa

Jeweils drei Themen gibt es pro Sendung. Da geht es dann um so alltägliche Dinge wie Ausgehen, Büro oder Anrufe in Abwesenheit, wo Bauer ihrem Gegenüber gleich mal einen neuen Text für die Mailbox verpasst.

"Wir besprechen jede Woche, welche Themen wir in der nächsten Woche besprechen wollen - und dann besprechen wir andere Themen", schildert Bauer.

Planung allein reicht nicht immer. "Wir nehmen uns was vor, und dann merkt man an dem Tag selber, was gerade jetzt konkret interessiert. Und dann tauscht man das ein bisschen aus", sagt von Stuckrad-Barre.

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Die Gespräche entwickeln sich mal stockend, dann wieder als ein wilder Ritt über Gedankenfetzen, bei denen der jeweils andere nur als Stichwortgeber gebraucht wird.

"Es sind solche Themen, die wir miteinander noch nicht besprochen haben, so dass wir tatsächlich nicht so eine Neugier simulieren müssen", sagt von Stuckrad-Barre. Manchmal kommen Ideen morgens beim ersten Kaffee "oder anstelle eines Frühstücks."

Vieles entwickelt sich auch erst kurz vor den Aufnahmen. "Wir sitzen immer eine Stunde vorher rum, rauchen ganz viel, trinken Kaffee und jeder erzählt, wo er gerade so steht im Leben. Und dann ist das vielleicht ein Thema." So wird es Sendungen zum Rauchen, zu Sonntagen oder Krankheiten geben. "Krankheiten, das war uns sehr schnell klar."

"Todes- und Tabuzone ist die Langeweile"

Unterschiedliche Ansichten sind bei Benjamin von Stuckrad-Barre (l.) und Jasna Fritzi Bauer (r.) Programm.
Unterschiedliche Ansichten sind bei Benjamin von Stuckrad-Barre (l.) und Jasna Fritzi Bauer (r.) Programm.  © Annette Riedl/dpa

Tabu sind in der Aufnahmekabine nur Themen, die beide nicht relevant finden. "Große Koalition, Flüchtlinge, Klima, wo alles klar ist." Niemand müsse noch mal beweisen, dass Donald Trump ein Idiot sei. "Wir reden eigentlich nur über Sachen, die wir interessant finden", sagt Bauer.

Von Stuckrad-Barre ergänzt: "Todes- und Tabuzone ist die Langeweile." Drogen sind nicht langweilig. Von Stuckrad-Barre hat eine veritable Alkohol- und Kokainsucht in seiner Vita. Das Thema solle "nicht so am Rande" behandelt werden, findet er. Es gibt dazu eine eigene Folge.

Am Ende jedes Teils werden Zustimmung oder Ablehnung abgefragt. "Es gibt auch Themen, wo wir uns nicht einig sind", sagt Bauer. Einig oder nicht findet von Stuckrad-Barre fast egal: "Wichtig ist, dass man es mal im Sprechen ergründet, einen Begriff, ein Thema. Und schaut: was spricht wofür, was spricht wogegen." Entscheidend sei nicht die Schlussfolgerung, sondern eher der Weg dahin.

Der Podcast "Ja Ja, Nee Nee» verdankt seinen Titel Joseph Beuys (1921-1986). Der Bildhauer und Aktionskünstler zeichnete 1968 mit dem Musiker Henning Christiansen und Beuys-Schüler Johannes Stüttgen eine Stunde lang die Worte "Ja, Ja, Ja, Ja, Ja, Nee, Nee, Nee, Nee, Nee" auf. Dies Gegensätzliche dient laut von Stuckrad-Barre als Grundlage für den Podcast-Austausch.

"Das ja alles wahr sein kann immer nur, indem auch das Gegenteil davon wahr ist. Wo man eigentlich alles zur Debatte stellt, wenn man sich vertraut in einem Gespräch."

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