"Auszugraben aus Ruinen": Ausstellungsprojekt zur jüdischen Geschichte in der Müllerstraße 163
Berlin - Unter dem Titel "Auszugraben aus Ruinen" begaben sich Studierende der Universität Potsdam auf Spurensuche jüdischen Lebens in der Müllerstraße 163 in Berlin-Wedding. Einst war auf dem Grundstück ein Mietshaus im Besitz der jüdischen Familie Wolff vor ihrer Deportation, heute ist dort die Landesgeschäftsstelle der Berliner SPD. TAG24 war bei der Eröffnung der Vernissage im Kurt-Schumacher-Haus vor Ort.
Am Donnerstag stellten die Studierenden ihr Ausstellungsprojekt vor. Sie referierten über ihr Vorgehen bei der Recherche in den Archiven und Akten. Am Ende legten sie die Lebensgeschichten von drei jüdischen Familien frei, die bis 1942/1943 in der Müllerstraße 163 wohnten. "Nur wenn wir das Detail verstehen, können wir auch das große Ganze verstehen", erklärte Projektleiterin Dr. Elke-Vera Kotowski (63).
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (45, SPD) lobte: "Es ist ein ganz großer Erfolg." Und dann führte sie aus: "Was wir hier an einem Haus festmachen, ist tausendfach passiert: die systematische Enteignung von Menschen. Es ist unsere Aufgabe, dass wir an diesem Ort, an dem sich die Sozialdemokratie immer gegen all diese Entwicklungen starkgemacht hat, unser historisches Erbe zeigen, das wir heute auch verteidigen müssen."
Die SPD-Politikerin, noch bis April 2023 Regierende Bürgermeisterin, verwies hierbei auf die Recherchen der "Correctiv"-Redaktion zum Potsdamer Treffen rechter Kreise.
Es sei wichtig, auf die "gefährlichen und kruden Ideen" in der Gesellschaft und auf die "Parallelen in der Historie" aufmerksam zu machen.
Franziska Giffey lobte die Arbeit der Studierenden der Universität Potsdam
Giffey betonte zudem, dass die Studierenden mit ihrer mühsamen und erkenntnisreichen Forschungsarbeit Menschen ein Gesicht gegeben haben. "Das ist ein unschätzbarer Wert. So viel wussten wir noch nie über die Geschichte des Hauses."
Die 45-Jährige kündigte darüber hinaus an, dass für die betroffenen Familien sechs Stolpersteine vor dem Haus verlegt werden sollen. "Lasst uns diesen Platz auch als Ort der nachträglichen Aufarbeitung, der Mahnung, der aktiven politischen Arbeit für Demokratie gegen rechten Hass und Hetze pflegen und feiern."
Der amtierende Co-Vorsitzende und SPD-Fraktionschef Raed Saleh (46) schloss sich dem an. Gerade in diesen Zeiten mit Antisemitismus und Fremdenhass leiste das Projekt einen wertvollen Beitrag. "Hinter diesen Schicksalen stecken Menschen wie du und ich", hob Saleh hervor.
Ebenfalls vor Ort war Rabbiner Yehuda Teichtal, der auf Bitte des 46-Jährigen ein Gebet sprach.
Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Landesgeschäftsstelle der Berliner SPD, dem August Bebel Institut, der Universität Potsdam und der Moses Mendelssohn Stiftung Berlin.
Die Ausstellung "Auszugraben aus Ruinen - Eine Spurensuche jüdischen Lebens in der Weddinger Müllerstraße 163" ist vom 1. bis 26. März (Dienstag bis Freitag, 14 bis 18 Uhr) in der Landesgeschäftsstelle der Berliner SPD in der Müllerstraße 163 zu sehen.
Titelfoto: TAG24/Denis Zielke