Riesen-Aquarium mitten in Berliner Hotel geplatzt, 1500 tote Fische: War das die Ursache?
Berlin - Schock am frühen Morgen im Radisson Hotel in Berlin: Das AquaDom Aquarium ist geplatzt.
Um 5.43 Uhr ging bei der bei der Feuerwehr der Alarm eines automatischen Feuermelders in dem Hotel ein.
Die Polizei sprach von einem sehr lauten Geräusch oder einem Knall, der zu hören war. Fotos zeigen, mit welcher Wucht das Wasser aus dem Zylinder ausgetreten sein muss. Die Karl-Liebknecht-Straße glich einer Trümmerlandschaft.
Insgesamt zwei Menschen sind dabei verletzt worden. Es hätte aber noch viel schlimmer ausgehen können. "Das ist ein regelrechter Tsunami, der sich hier ergossen hat über die Hotelräumlichkeiten, die anliegenden Restaurants", saget Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD) an der Unglücksstelle.
Es sei großer Schaden entstanden. Es müsse nun geprüft werden, wie dieser habe entstehen können. Berlin habe aber großes Glück gehabt, betonte Giffey: "Wenn das Ganze nur eine Stunde später passiert wäre, dann müssten wir über furchtbare menschliche Schäden berichten", sagte sie und sprach von "Glück im Unglück".
Ein Video auf Twitter zeigt das ganze Ausmaß des Geschehens. Von der einst 16 Meter hohen zylinderförmigen Wassersäule ist nichts mehr übrig. Und auch für die rund 350 Hotelgäste ist an einem Aufenthalt nicht mehr zu denken. Sie müssen das Hotel verlassen. Die BVG stellt Wärmebusse bereit.
Aquarium fasste eine Million Liter Wasser: Materialermüdung wohl die Ursache
Noch immer ist die Ursache unklar. Aber: Für einen gezielten, gewaltsamen Anschlag gibt es laut Polizei bislang keinerlei Hinweise. "Im Moment überhaupt nicht", antwortete ein Polizeisprecher am Freitagmorgen auf eine entsprechende Frage.
Vielmehr scheint nach ersten Erkenntnissen wohl eine Materialermüdung der Grund zu sein. "Die Ermittlungen zur Ursache ist natürlich noch nicht abgeschlossen, erste Anzeichen deuten jedoch aus eine Materialermüdung", sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Nun gehe es darum, die Schäden zu erfassen und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. So müssten Gebäude und Verkehrswege geprüft werden. "Mit Blick auf die schiere Kraft, die gewirkt hat, und die Temperaturen, fürchte ich leider das Schlimmste was die Tiere betrifft", so Spranger.
"Wenn das Aquarium defekt ist, dann platzt das schlagartig", sagte ein Feuerwehrsprecher. "Das ist nicht ein kleiner Riss, aus dem das Wasser austritt, sondern das komplette Aquarium ist schlagartig geplatzt." Alle rund 1500 Fische, die dort lebten, seien nun nicht mehr im Wasser.
"Das Erdgeschoss liegt komplett in Trümmern", sagte ein Feuerwehrsprecher über den dortigen Hotelbereich. Alle Fische seien tot und müssten mit den Trümmern entsorgt werden. Bauingenieure und das Technische Hilfswerk (THW) würden nun prüfen, ob dass Gebäude gesperrt bleiben müsse. Danach könnten erste Aufräumarbeiten beginnen.
Aquarium wurde bis Sommer 2020 modernisiert
Nach Angaben der Feuerwehr lief ein großer Teil des Wassers wohl durch die Türen im Erdgeschoss auf die Straße und dort in die Gullys. In den Kellergeschossen habe man nicht viel Wasser gefunden. Das zerstörte Erdgeschoss wurde mit Rettungshunden nach Menschen abgesucht.
Der Aquadom im Sealife war nach Angaben der Betreiber im Internet das "größte, zylindrische frei stehende Aquarium der Welt", eine vielen Touristen bekannte Attraktion in Berlin. Es war ein Behälter aus Acrylglas, der 16 Meter hoch war und einen Durchmesser von 11,5 Metern hatte. Besucher konnten in einem Aufzug durch das Innere des Aquariums hindurch fahren.
In dem Becken lebten demnach etwa 1500 Fische aus über 100 verschiedenen Arten. Gefüllt war das Aquarium mit einer Million Liter Salzwasser. Das wären 1000 Kubikmeter Wasser mit einem Gewicht von 1000 Tonnen.
Pikant: Das Aquarium wurde den Angaben zufolge bis Sommer 2020 umfassend modernisiert.
Mittlerweile hat sich auch Sea Life mit einem Statement geäußert und zeigt sich "bestürzt". Derzeit versuche das Unternehmen, mehr Informationen von den Eigentümern des Aquadoms zu erhalten, teilte Sea Life am Freitagmittag mit. Sea Life rief dazu auf, von Spekulationen abzusehen, "bis die Hintergründe des Unglücks geklärt sind".
Der Aquadom gehört laut Sea Life nicht dem Unternehmen. Die genauen Besitzverhältnisse blieben zunächst unklar.
Berliner Feuerwehr rettet Fische aus dem Keller
Nach dem Platzen des Großaquariums hat die Feuerwehr nach eigenen Angaben noch einige Dutzend Fische im unteren Bereich des zerborstenen Gefäßes lebend aufgefunden. Spezialkräfte hätten diese geborgen, sagte Feuerwehrsprecher James Klein.
"Ich denke an der Zahl waren das etwa drei Bottiche", so Klein. Es handele sich um Süß- und Salzwasserfische. Die Tiere würden nun getrennt untergebracht.
Die Salzwasserfische kommen demnach in die benachbarte Unterwasserwelt Sea Life mit weiteren Aquarien. Die Süßwasserfische sollen am Samstag in Aquarien des Zoos gebracht werden. "Um sie heute nicht dem Stress auszusetzen", erklärte der Sprecher.
Darüber hinaus seien im Untergeschoss des Hotelgebäudes, in dem sich das Großaquarium in Form eines riesigen Glaszylinders befand, alle Fische gerettet worden. Es handele sich um zwölf Aquarien mit Salzwasserfischen. Diese seien ins Sea Life gebracht worden, so Klein.
Die Umweltstadträtin von Berlin-Mitte, Almut Neumann, hatte zuvor berichtet, dass im Keller des Hotelgebäudes mehrere Aquarien mit etwa 400 bis 500 kleineren Fischen seien. Sie hatte deren Situation als kritisch beschrieben, weil die Gefäße nicht mit Strom versorgt seien.
Die Unterwasserwelt Sea Life mit weiteren Aquarien befindet sich etwas entfernt vom Hotel im selben Gebäudekomplex. Diese Anlage sei zunächst nicht betroffen, hieß es.
Materialversagen bei Großaquarium gut möglich
Der Aquarien-Hersteller Florian Schuran hält ein Materialversagen als Ursache für das Platzen des Berliner Riesenaquariums für gut möglich. "Das Becken ist, glaub' ich, jetzt 18 Jahre alt, besteht aus mehreren Klebenähten und das sind dann immer die Schwachstellen, die in dem Falle versagen können", sagte der Geschäftsführer der Firma New Wave aus Wassenberg (Nordrhein-Westfalen). Den 16 Meter hohen Aquadom, der am Freitag in einem Berliner Hotel platzte, hat Schurans Unternehmen nicht gebaut.
Eine Sabotage des zylindrischen Beckens könne sich der Experte nicht vorstellen: "Solche Becken werden statisch berechnet. Wenn in solchen Fällen Leib und Leben in Gefahr ist, wird da auf äußerste Sicherheit acht gegeben." Nach Angaben der Eigentümerfirma des zerstörten Aquadoms war der Grund für das Zerbersten des riesigen Zylinders am Freitag noch völlig unklar.
Sea Life betont Eigenständigkeit von Aquadom und bietet Hilfe an
Das Unternehmen Sea Life hat seine Hilfe bei der Bergung von Fischen aus dem zerborstenen Großaquarium in Berlin angeboten. Der Vorfall in dem Aquarium sei "einzigartig und beispiellos", hieß es am Freitag in einer Mitteilung.
Die Teams von Sea Life hätten den Teams vom Aquadom Unterstützung angeboten. "Unser Team arbeitet hart daran, alle verfügbaren Lebensräume vorzubereiten, um die schnellstmögliche Unterbringung von Aquadom-Tieren, die unsere Hilfe benötigen, zu unterstützen."
Zugleich betonte Sea Life, der Aquadom sei "eine eigenständige Attraktion und ist nicht im Besitz des Sea Life Berlin, auch Wartung und Instandhaltung liegen nicht beim Sea Life Berlin". Zwar sei der Besuch in dem Großaquarium in Eintrittskarten und Marketingaktivitäten enthalten gewesen, Besitzer sei aber die Firma Union Investment.
"Wir vermarkten den Aquadom mit", erklärte eine Sea Life-Sprecherin.
Originalmeldung, 16. Dezember 7.31 Uhr, aktualisiert um 18.58 Uhr
Titelfoto: Morris Pudwell