Tausende Haftbefehle nicht vollstreckt: Berliner Polizei jagt Mörder, Totschläger und Co.

Berlin - Tausende verurteilte Straftäter sind in Berlin auf freiem Fuß, weil Haftbefehle nicht vollstreckt werden.

Die Polizei fahndet auch nach Rimi Manreka (36), der am 20. April 2024 einen 72 Jahre alten Mann am U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz unvermittelt von hinten in das Gleisbett gestoßen haben soll.
Die Polizei fahndet auch nach Rimi Manreka (36), der am 20. April 2024 einen 72 Jahre alten Mann am U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz unvermittelt von hinten in das Gleisbett gestoßen haben soll.  © Polizei Berlin (Bildmontage)

In 59 Fällen handelt es sich dabei um Mörder, in 66 um wegen Totschlags verurteilte Menschen (Stand: 1. Juli). Das geht aus der Antwort der Berliner Senatsjustizverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Linke-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (41) hervor.

Insgesamt sind demnach 8581 Haftbefehle offen, vor einem Jahr waren es zum selben Zeitpunkt 7653.

Zudem fahndet die Berliner Polizei nach knapp 1767 Verdächtigen, die in Untersuchungshaft kommen sollen. 57 von ihnen stehen im Verdacht, jemanden getötet zu haben, und sollen eigentlich im Gefängnis auf ihren Prozess warten. Im vergangenen Jahr waren es etwa ebenso viel (1761).

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Der rechtspolitische Sprecher Schlüsselburg sprach von einer "alarmierenden" Entwicklung. "Das sind keine guten Nachrichten für den Rechtsstaat." Nicht nachvollziehbar ist für ihn vor allem die hohe Anzahl von Straftätern, wie wegen Mordes oder Totschlags verurteilt worden sind - und trotzdem auf freiem Fuß sind. Dies müsse Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (49, CDU) erklären.

Rechtsexperte: Hohe Anzahl der offenen Haftbefehle nicht nachvollziehbar

Linke-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (41) sendete eine parlamentarische Anfrage an die Berliner Senatsjustizverwaltung.
Linke-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (41) sendete eine parlamentarische Anfrage an die Berliner Senatsjustizverwaltung.  © Soeren Stache/dpa

"Bei Straftaten, die nicht verjähren, werden Fahndungen auch von lange zurückliegenden Taten weiter verfolgt und teilweise über Jahrzehnte aufrechterhalten", hieß es von der Senatsjustizverwaltung.

Die Berliner Justiz arbeite eng mit dem Landeskriminalamt zusammen, um auch ungeklärte Fälle aufzuklären.

Solange ein Urteil nicht rechtskräftig ist, kann es ein, dass Straftäter nicht sofort ins Gefängnis kommen. CDU-Rechtsexperte Sven Rissmann (46) erklärte der "B.Z.": "Verurteilte Straftäter können zum Beispiel wegen Krankheit nach Hause gehen, oder wenn die U-Haft zeitlich überzogen wurde. Dann gibt es eine schriftliche Ladung zum Haftantritt."

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Nur bei hochgefährlichen Straftätern würden Zielfahnder angesetzt, nicht aber in jedem Fall.

Die Senatsjustizverwaltung bezieht sich bei den Angaben auf Zahlen eines Fahndungssystems der Polizei. Demnach bestanden zum Stichtag 5773 Haftbefehle (2023: 5266) für verurteilte Straftäter länger als ein halbes Jahr.

In 1358 Fällen (2023: 1417) wird nach Verdächtigen gefahndet, die in Untersuchungshaft kommen sollen.

Titelfoto: Polizei Berlin (Bildmontage)

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