Pulverfass Neukölln: Erneut Pro-Palästina-Krawalle in Berlin
Berlin - Aufgeheizte Stimmung in der Hauptstadt: Die zweite Nacht hintereinander ist es bei pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin zu Ausschreitungen gekommen.
In Neukölln brannten in der Nacht zu Donnerstag mehrere Autos und ein Lastwagen, wie ein Sprecher des Berliner Lagezentrums der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Kurz vor 1 Uhr entspannte sich dort die Lage.
Zuvor war die Stimmung rund um die Sonnenallee sehr aufgeheizt. Die Polizei ging eigenen Angaben zufolge gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vor, die Mülltonnen, Reifen und Pyrotechnik anzündeten sowie mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen warfen.
Die Polizei teilte bei X, vormals Twitter, mit, viele Demonstranten kämen den Aufforderungen der Beamten nicht nach. Es gebe Widerstand gegen Festnahmen von Verdächtigen, sodass die Einsatzkräfte "unmittelbaren Zwang anwenden" müssten.
Bei den Demonstranten handele es sich eindeutig um Teilnehmer einer ebenfalls verbotenen Ersatzveranstaltung einer pro-palästinensischen Kundgebung. Neben der Sonnenallee waren nach Angaben des Sprechers die Reuterstraße, die Donaustraße und der Hermannplatz Schauplätze der zuvor verbotenen Demonstration.
Brennende Barrikaden, Mülltonnen und Autoreifen - Mehrere Polizeikräfte verletzt
Dabei wurden auch Polizeikräfte verletzt, sie blieben jedoch vorläufigen Angaben zufolge im Dienst. Wie viele Menschen am Abend in Neukölln demonstrierten, wie viele Polizeikräfte am Abend im Einsatz waren und wie viele von ihnen verletzt wurden, werde vermutlich erst am Donnerstag bekannt, sagte ein Polizeisprecher.
Ein dpa-Reporter sagte, in Neukölln hätten vier Autos und ein Kleintransporter gebrannt. Barrikaden, Mülltonnen und Autoreifen hätten in Flammen gestanden. Feuerwerkskörper seien gezündet, Böller und Steine auf Polizeiautos geschmissen worden. Auch seien antisemitische und pro-palästinensische Parolen skandiert worden.
Vor dem Auswärtigen Amt hatten sich ebenfalls mehrere Hundert Menschen eingefunden, um gegen Gewalt in Nahost zu demonstrieren. Die Versammlung wurde laut Polizei jedoch direkt von der Veranstalterin beendet, weil sie keinen Einfluss auf die Teilnehmer gehabt habe. Ursprünglich waren demnach 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet.
Eine Mahnwache, organisiert von Anwohnern nahe der Synagoge in der Brunnenstraße, wurde abgehalten. Es kamen nach Polizei- und Veranstalterangaben rund 50 bis 60 Menschen.
Kai Wegner will am Donnerstag Regierungserklärung zur Lage in Berlin abgeben
In Berlin, wo viele Juden und Palästinenser leben, ist die Situation sehr angespannt. Seit dem Angriff auf Israel kam es mehrfach zu pro-palästinensischen Demonstrationen, bei denen einige Teilnehmer die islamistische Hamas bejubelten.
Die Polizei verbot mehrere Demonstrationen, so auch die am Mittwochabend. Die Synagoge in der Brunnenstraße war in der Nacht zum Mittwoch bei einem versuchten Brandanschlag mit Molotowcocktails beworfen worden.
Am Donnerstagmorgen will der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (51, CDU) eine Regierungserklärung zur Lage in Berlin mit dem Titel "Berlin hält zusammen - Gemeinsam für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus" abgeben.
Nach einer Debatte der Abgeordneten will das Parlament zudem eine Resolution gegen Antisemitismus und Israel-Hass beschließen. Als Gäste nehmen der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor (65), und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Berlin an der Parlamentssitzung teil.
Titelfoto: Paul Zinken/dpa