Bürger klebten "Notopfer Berlin" auf ihre Post: Heute ist die 2-Pfennig-Marke Gold wert
Von Verena Schmitt-Roschmann
Berlin - Vor 75 Jahren wurde es bundesweit Pflicht, auf Post eine kleine Zusatzmarke zu kleben. Die Einnahmen waren für Westberlin gedacht. Wie der Solidaritätszuschlag war das Ganze langlebiger als gedacht.
Zwei Pfennig waren umgerechnet nur ein Cent. Aber auch kleine Beträge läppern sich. Ab 1. Januar 1950 musste bundesweit auf fast allen Briefen und Postkarten zusätzlich zum Porto die kleine blaue Steuermarke "Notopfer Berlin" für zwei Pfennig kleben.
Und da solche Post damals fast so üblich war wie heute Whatsapp oder SMS, kamen Millionenbeträge zusammen. Die Auflage der Marke erreichte nach Angaben der Museumsstiftung Post und Telekommunikation sagenhafte 170 Milliarden Stück, mindestens.
75 Jahre später ist das "Notopfer Berlin" fast vergessen. Damals aber war die Sondersteuer für Westberlin wie eine Lebensversicherung. Im Nachhinein wirkt sie wie die Mutter aller Extraabgaben im Nachkriegsdeutschland - darunter die "Ergänzungsabgabe" Mitte der 1950er-Jahre, der "Konjunkturzuschlag" und die "Stabilitätsabgabe" in den 1970ern.
Und ja, genau: der Solidaritätszuschlag zur Finanzierung der Deutschen Einheit. Wie der Soli hielt sich auch das "Notopfer Berlin" viel länger als gedacht.
Die 2-Pfennig-Marke wird für 1000 Euro gehandelt
Nur die Kommunistische Partei Deutschlands, mit 5,7 Prozent der Stimmen in den ersten Bundestag gewählt, wetterte gegen die Zwangsabgabe.
"Durch die Erhebung des Notopfers sind in erster Linie die Lohn- und Gehaltsempfänger schwer belastet worden, die damit gegen ihren Willen den Kalten Krieg der westlichen Besatzungsmächte um den Vorposten Berlin finanzieren müssen", sagte der KPD-Abgeordnete Friedrich Rische am 3. November 1949 im Parlament. Die "westdeutsche Bevölkerung" lehne das ab.
Damit lag er auf Linie der Führung in Ostberlin, die an dem "Notopfer" auch keine Freude hatte. Die Zusatzmarke war auf Sendungen nach Berlin oder in die DDR nicht erwünscht. Wurde sie irrtümlich aufgeklebt, schickten die ostdeutschen Behörden sie mit dem Vermerk "Steuermarke unzulässig" zurück.
Heute freut das Sammler wie Manfred Baltuttis von den Jungen Briefmarkenfreunden Berlin und Brandenburg. Gerade Belege mit einem Rücksendevermerk seien bei Spezialisten gesucht, heißt es auf der Webseite des Vereins. Ganz seltene Stücke der 2-Pfennig-Marke werden im Internet heute für 1000 Euro und mehr angeboten.
Titelfoto: Michael Kappeler/dpa