Oliver Koletzki: "Keine Tracks mit sprühenden Champagnerflaschen"
Berlin - Einsteigen und anschnallen! Denn der Berliner House-Produzent Oliver Koletzki (49) lädt mit seinem neuen Album "Trip To Sanity" wörtlich übersetzt auf eine "Reise zur Vernunft" ein.
Auf dem Weg schlägt er musikalisch einige Haken und nimmt Abzweigungen zu Disco, Trance, Indie, Hip-Hop oder direkt auf die Tanzfläche eines Technoclubs. Feiern und vernünftig sein - das schließt sich für Koletzki, der nächstes Jahr 50 wird, nicht aus.
"Ich will meine Hörer überraschen, das ist mir wichtig", sagt der Künstler zur Vision für sein zehntes Album. Nachdem sein voriges Werk "Made of Wood" eine klar definierte, organische und ruhige Soundrichtung hatte, gleicht "Trip to Sanity" mehr einem Karussell der Töne und Gefühle. Der Chef des Labels Stil vor Talent, auf dem das Album auch erscheint, wollte vor allem wieder poppigere Sounds und echte Instrumente wie Gitarren einsetzen, sagt er.
Ein housiger Poptrack gelingt Koletzki mit "Stay Until The Light", dem der Sänger Talmirage seine Stimme leiht. Getroffen hatten sich die beiden Musiker zufällig auf dem US-Festival Burning Man.
An der Produktion beteiligt ist auch Koletzkis Labelkollege Niko Schwind - neben Fritz Kalkbrenner (42), Andhim und Hidden Empire nicht die einzige bekannte Größe der elektronischen Tanzmusikszene auf der Platte.
Der Dj probiert in seinem Album Neues aus
Die leichten, groovigen und poppigen Klänge werden zur Mitte des Albums von treibendem Techno abgelöst, etwa durch "Mind Games" oder "Space Papi".
Neu ist für Koletzki der Ausflug in Goa-Gefilde, an denen er sich für "Mantra For Bora" bedient. Zur Ruhe kommt die wilde Fahrt mit coolem Sprechgesang bei "Sonne geht auf", dekonstruierten Reggae-Sounds bei "Midnight Reggae" und dem bittersüßen, dahinschwebenden "Don't Ever Wake Me Up", gesungen von Marlena Dae.
Koletzki, der in Braunschweig geboren wurde und seit vielen Jahren in Berlin lebt, arbeitete für das Album auch mit jungen, unbekannteren Künstlerinnen zusammen, wie Natascha Polké oder Malou.
"Ich war schon immer ein Freund davon, neue Künstler zu entdecken und neue Künstler zu featuren, von denen ich denke, die haben Talent", erläutert er. Wichtig sei ihm dabei eine sympathische Persönlichkeit, weshalb er auch mal überprüfe, wie sich jemand auf Social Media darstellt.
"Ich möchte keine Tracks machen mit jemandem, der auf Ibiza Champagnerflaschen durch die Gegend sprüht", lautet sein Kommentar.
Oliver Koletzki auf Tour: E-Piano und kein Alkohol
Der DJ selbst trinkt gar keinen Alkohol mehr. "Der "Trip To Sanity" vom Album spiegelt tatsächlich mein reales Leben wider", erklärt er und plädiert dafür, mehr auf die eigene Gesundheit zu achten: "Ich liebe das Leben. Und auch wenn ich lange gebraucht habe, mich dementsprechend zu verhalten, will ich das jetzt tun."
Mit dem neuen Album geht Koletzki ab November auf eine Live-Tour, der er fast schon euphorisch entgegensieht. "Ich freue mich wahnsinnig auf die Tour", erzählt er.
Er werde E-Piano spielen und mit seinem Toningenieur auf der Bühne stehen, der Gitarre spiele. "Normalerweise gehe ich in den Club, mache eine Cola auf, stecke den USB-Stick rein und bin nach zwei Stunden wieder im Hotelbettchen. Das ist jetzt alles viel aufwendiger."
Titelfoto: --/Check your head/dpa, Amy Reiter/Check your head/dpa (Bildmontage)