Sechs Pleiten und nur elf Punkte 2024: Was passiert jetzt bei Dynamo Dresden?
Dresden - "Darüber hinaus ist es die klare Intention, mit dem aktuellen Trainerteam langfristig sowie ligaunabhängig gemeinsam den Weg in die Zukunft zu gehen." Diese Zeilen stammen von Jens Heinig (66). Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der SG Dynamo Dresden. Geschrieben wurden sie in einer Pressemitteilung vom 6. März, kurz nach der Freistellung von Ralf Becker (53).
Mit diesem Satz haben sich die Verantwortlichen im Verein im Grunde eine Eisenfessel angelegt. Wollen sie ihr Gesicht wahren, muss Markus Anfang (49) bleiben - und das auch in der kommenden Saison, egal wie die jetzige ausgeht.
Sechs Niederlagen in elf Spielen im Jahr 2024, nur elf Punkte, die eklatante Verschwendung von Torchancen und der Sturz auf Rang vier gefährden das Ziel Aufstieg mittlerweile massiv.
All das ergibt eine extrem schwierige Situation. Brechen die Verantwortlichen ihr Wort, verlieren gerade sie. Weil: Was ist es dann noch wert, was der Aufsichtsrat in eindeutigen Worten schriftlich niederlegt? Auf der anderen Seite des Papiers steht aber der sportliche Erfolg.
Eines vornweg: Trainerentlassungen bringen ganz selten den erhofften Effekt, nämlich den Aufschwung. Dynamo selbst kann ein Lied davon singen.
Auf Uwe Neuhaus (64) im August 2018 folgte ein gewisser Maik Walpurgis (50), der schnell in der Versenkung verschwand und nie wieder auftauchte.
Markus Anfang hat Dynamo Dresden seine Handschrift verpasst
Dann Cristian Fiél (44) am Anfang seiner Laufbahn, er brachte kurz Zeit Besserung, fiel dann aber. Markus Kauczinski (54) konnte nix mehr retten.
Als er im Frühjahr 2021 in der 3. Liga kurzzeitig nicht mehr lieferte, wurde er durch Alex Schmidt (55) ersetzt, der durch eine Serie den Aufstieg schaffte. Schon seine Entlassung vor etwas mehr als zwei Jahren zeigte: Es muss danach nicht besser werden. Stichwort: Guerino Capretti (42). Nach ihm kam Anfang.
Der 49-Jährige ist ein guter Trainer, er hat Dynamo seine Handschrift verpasst. Die Mannschaft spielt überwiegend herausragenden Fußball für diese Spielklasse. Modern, schnell, lange Zeit erfolgreich. Anfang steht auch nicht auf dem Feld, die Tore müssen seine Spieler schießen, nicht er.
Aber ein Trainer ist nicht nur fürs Sportliche zuständig, er ist gleichzeitig Pädagoge, für die mentale Verfassung seiner Mannen zuständig. Und die passt nicht mehr.
Die Angst vorm Toreschießen ist verheerend. Drei Treffer in den letzten fünf Punktspielen, selbst bei Oberligist Plauen gelang im Landespokal in 90 Minuten keiner. Der Impuls fehlt.
Zuständig fürs Sportliche ist im Moment Kommunikations-Geschäftsführer David Fischer (39). Er hat das 0:1 in Münster live vor Ort gesehen und sicher auch die Ratlosigkeit aller nach dem Spiel.
Er wird (mit-)entscheiden müssen, was die Worte der Aufsichtsratsvorsitzenden wert sind.
Titelfoto: Lutz Hentschel