Das Dynamo-Trainingslager-Tagebuch: Gemischte Gefühle nach dem Camp
Heilbad Heiligenstadt - Hallo aus dem (früheren) thüringischen Grenzgebiet - mal wieder! Das dritte Mal binnen fünf Jahren nach dem Zweitliga-Abstieg 2020 und der Rückkehr ins Unterhaus 2021.
8. Juli, 6.49 Uhr: Wie mein Fazit zum Trainingslager ausfällt
Heute geht es endlich wieder heimwärts. Nach sieben Tagen im thüringischen Eichsfeld weiß man nur nicht so genau, was für ein Fazit man ziehen kann.
Vieles wirkte richtig gut. Coach Thomas Stamm war mit jeder Menge Eifer und Dynamik dabei. Das Training war hart, intensiv und abwechslungsreich. Die Testspiel-Niederlage zum Abschluss war allerdings bei so manch einem ein deutlicher Stimmungskiller.
Was für die Dynamos gilt, gilt auch für uns. Vieles lief - trotz einiger Planungsschwierigkeiten im Vorfeld - richtig gut. Vermutlich haben auch wir einen ganz ordentlichen Job gemacht. Auch die Zusammenarbeit lief in der Regel gut.
Trotzdem lief es in meinem insgesamt achten Trainingslager seit Cristian Fiel 2019 mal wieder nicht reibungslos. Seit Jahren - und immer wieder auf andere Weise - bekommt man das Gefühl, ein geduldeter Fremdkörper zu sein. Fünf ausgeschlagene Interview-Anfragen in den ersten drei Tagen hat es noch nie gegeben. Dabei würde wohl auch die Fans interessieren, wie die neuen Co-Trainer ticken oder Oliver Batista Meier über seinen neuen Anlauf denkt.
Mal schauen, was der Winter bringt.
6. Juli, 7.47 Uhr: Dynamo-Profis können froh sein, dass sie ihren Fitness-Coach haben
Ein Hoch auf einen eigenen Fitness-Coach!
Was sich viele nicht leisten können, haben die Dynamos mit Matthias Grahé (55) quasi frei Haus. Er macht ihnen vor jeder Einheit Beine, manchmal auch noch danach. Dafür gibt es nach jeder Erwärmung auch von allen Spielern kräftigen Applaus. Ob es Dankbarkeit ist oder einfach nur die Freude, dass es vorbei ist? Das ist nicht überliefert!
Klar ist aber, dass sich keiner der Schwarz-Gelben bei der Rundum-Versorgung im Hotel und den regelmäßigen Trainingseinheiten auf und neben dem Platz Sorgen um die eigene Fitness und einen dicken Bauch machen muss.
Bei uns sieht das leider etwas anders aus. Nach einem knapp neun Stunden dauernden Arbeitstag ohne Mittagspause ist der Hunger abends besonders groß, und das Buffet im Hotel noch ein Stück reizvoller.
Den Extra-Teller bereut man in der Regel ziemlich schnell danach, für Sport bleibt leider auch kaum Zeit. Nur einmal reichte die bisher für den Gang ins Fitnessstudio hier - eigentlich viel zu wenig.
Die Dynamos können sich also glücklich schätzen, dass es jemanden gibt, der ihnen den einen Teller Nudeln zu viel ziemlich schnell wieder von den Rippen holt.
Dafür noch ein bisschen Applaus!
5. Juli, 5.56 Uhr: Wichtige Absprachen, die kaum was bringen
Es braucht Kommunikation! Zwischen Trainern und Spielern, zwischen Spielern unter sich, zwischen Verein und Medienschaffenden sowie auch im Kollegium. Schade nur, wenn die immer weniger was bringen.
Hatte man in früheren Trainingslagern Gesprächswünsche, dann wurden die in aller Regel auch erfüllt. Auch nachgereiste Neuzugänge durfte man spätestens 24 Stunden später sprechen. In diesem Jahr heißt es immer wieder nur: Geht leider nicht. Die Spieler müssten erst einmal ankommen, Trainingsrückstände nacharbeiten oder aber dürfen und wollen aus anderen Gründen nicht. Auch neue Mitarbeiter, die zwar vor Vereinskameras sprechen, dürfen wir dem Leser nicht vorstellen. Manchmal scheint es so, als wären wir geduldete Fremdkörper.
Dabei wurde nie jemand bloßgestellt oder in irgendeine Ecke gedrängt. Das will keiner - wäre auch mit all den "Aufpassern" im Rücken nur schwer möglich.
Manch ein Zuhörer filmt inzwischen sogar Medienzeiten ab, sodass die einem manchmal nur noch recht überflüssig vorkommen. Alles Probleme, die man mit passender Kommunikation lösen kann und muss - auch die zwischen den Kollegen.
4. Juli, 5.57 Uhr: Zusammen ist man doch weniger allein
Der eine erwartet ein Kind, andere sind (frisch) verlobt, wiederum andere bereits verheiratet und Familienväter.
All diese Dynamos eint eine Gemeinsamkeit: Auf sie warten geliebte Menschen daheim, ohne die sie über eine Woche auskommen müssen. Uns geht das nicht anders. Fast alle Familienväter, ob verheiratet oder nicht, leben für (zum Glück nur) acht Tage im Hotel allein. Mir fällt das heute besonders schwer, denn seit auf den Tag genau einem Jahr gibt es da einen ganz besonderen Menschen in meinem Leben, den ich nie mehr missen mag.
Die Arbeit lässt leider keine Feier zu, ein Kompromiss, den man auch als Fußball-Profi leider hin und wieder machen muss. Zum Glück ist heute bereits die Halbzeit im achttägigen Camp erreicht. Und für ein paar Tage aus der Stadt ist auch nicht aus dem Leben. Für die Dynamos heißt es ohnehin noch ein Stück mehr als bei uns volle Konzentration auf den Job.
Und neben all den Trainingseinheiten und Medienzeiten kann man inzwischen dank Smartphone etc. auch größte Entfernungen recht klein halten. Spätestens am Montag können alle wieder die Liebsten in die Arme schließen. Ich kann es kaum erwarten!
3. Juli, 5.50 Uhr: Ein perfekter Start war das mal nicht!
Der erste Spielerwunsch? Wurde schon mal nichts! Die erste Einheit? Knapp 50 Minuten Fahrt für 15 Minuten Fotos! Der Podcast? War dank der immer wieder schwankenden Internetleitung im Hotel ein Krampf!
Der Start in die Trainingslagerwoche verlief schon mal nicht optimal. Wenn man dann noch merkt, dass man Gürtel und Sonnenbrille zu Hause vergessen hat, dann ist man bereits am Dienstag schon kurzzeitig bedient.
Zumindest auf Brille werde ich ohnehin nicht oft zurückgreifen müssen, denn der Blick auf die Wettervorhersage verspricht gleich häufiger eine hohe Regenwahrscheinlichkeit.
Hoffentlich verhagelt das Thomas Stamm und seinen Spielern nicht auch noch die Laune. Schließlich sollen die Herren hier mit jeder Menge Spaß und Ehrgeiz als Team zusammenwachsen.
Zumindest ging es aber bei der knapp 105 Minuten dauernden ersten Einheit am Nachmittag im Dauerregen ordentlich zur Sache. Die Freude am Fußball lassen sich die Schwarz-Gelben und ihre Fans nicht nehmen, egal, welche Kleinigkeiten vielleicht nicht passen.
Ich nehme mir ein Beispiel dran!
2. Juli, 5.45 Uhr: An die Arbeit in Thüringen!
Einzig unter Markus Anfang (50) ging es im Sommer zuletzt zweimal nach Österreich. Trainieren wie ein Bundesligist, das war einmal! Dynamo will und muss kleinere Brötchen backen - finanziell und auch verbal.
Denn den Aufstieg in die 2. Bundesliga kann man nicht versprechen. Oder gar erzwingen. Will man im Verein auch nicht mehr, dafür ist das Scheitern aus dem Vorjahr noch zu tief in allen Köpfen. Auch deswegen darf es mal wieder mehr Demut sein.
Ein Sommertrainingslager auf Bundesliga-Niveau kommt da auch in der Außenwirkung sicherlich nicht so gut an.
Deswegen wurde mal wieder die thüringische Provinz im Eichsfeld auserkoren. Dass die Trainingsbedingungen hier in Heilbad Heiligenstadt passen, das hatten schon einige Vorgänger von Sportgeschäftsführer Thomas Brendel (48) und Coach Thomas Stamm (41) betont.
Und immerhin wurde hier auch schon einmal die Grundlage für ganz Großes gelegt. Also dann, an die Arbeit!
Titelfoto: Bildmontage: Jens Maßlich