Nach der Einzelhaft in Schweden: Jetzt spricht der Dresdner Klimaschutz-Aktivist

Dresden - Christian Bläul (40) ist wieder in Dresden. Der Klimaaktivist und Unterstützer der "Letzten Generation" wurde am vergangenen Freitag aus dem Gefängnis in Stockholm entlassen. Dort hatte er 16 Tage in Einzelhaft verbracht, nachdem er am 17. August bei einer Sitzblockade der schwedischen Schwestern-Kampagne "Återställ Våtmarker" ("Sumpfgebiete Wiederherstellen") festgenommen worden war.

Christian Bläul während der Protest-Aktion am 17. August in Stockholm. Danach wurde der Dresdner festgenommen und kam für 16 Tage in Einzelhaft.
Christian Bläul während der Protest-Aktion am 17. August in Stockholm. Danach wurde der Dresdner festgenommen und kam für 16 Tage in Einzelhaft.  © Der Pilger

Am heutigen Dienstagvormittag nahm sich Bläul Zeit für ein Gespräch mit TAG24. Eine Frage drängt sich auf: Wie geht es ihm wohl nach mehr als zwei Wochen in Untersuchungshaft, die er alleine in einer kaum acht Quadratmeter kleinen Zelle verbrachte?

"Es geht mir ausgezeichnet. Seit Samstag bin ich wieder in Dresden", sagt der 40-Jährige. Allerdings sei er nicht gleich nach Hause nach Sachsen gefahren, sondern nach seiner Entlassung erst noch zu einer Veranstaltung von "Fridays for Future" in Stockholm gegangen. Dort habe er auch die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg (19) getroffen und "ein bisschen mit ihr geplaudert".

Erst danach ging es mit der Fähre von Stockholm nach Rostock und von dort mit dem Zug nach Dresden, wo er pünktlich zum 16. Geburtstag seiner Tochter am Sonntag ankam.

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Doch warum wollte der Familienvater für seinen Protest ausgerechnet nach Schweden? "Dort stehen Parlamentswahlen an. Politisch passiert da gerade sehr viel, nicht nur das Klima betreffend. Aber auf das Thema schaue ich am meisten. In der Woche, in der ich festgenommen wurde, gab es eine ganze Reihe von Klima-Aktionen und ich war bei weitem nicht der Einzige, der von der Polizei mitgenommen wurde. Auch, wenn das in Deutschland wohl so wahrgenommen wurde. Es gab andauernd Verhaftungen."

Möglicherweise, so gibt Bläul zu bedenken, ist er da "in etwas reingerutscht. Vielleicht wollten sie an mir ein Exempel statuieren. Dazu haben sie sich irgendjemanden rausgesucht und das war dann ich."

Christian Bläul: "Wahrscheinlich wollen sie Skandale verhindern"

Anfang Juni beteiligte sich Christian Bläul (40) an einer Sitzblockade in der St. Petersburger Straße, unweit des Dresdner Rathauses.
Anfang Juni beteiligte sich Christian Bläul (40) an einer Sitzblockade in der St. Petersburger Straße, unweit des Dresdner Rathauses.  © xcitepress/Benedict Bartsch

Die ersten zwei Tage im Gefängnis beschreibt er so: Am Anfang sei regelmäßig ein Wärter in seine Zelle gekommen um nachzusehen, wie es Christian Bläul gesundheitlich geht, ob er noch "geistig fit" ist und ob er sich nichts antut. "Wahrscheinlich wollen sie Skandale verhindern", so seine Vermutung.

"Ich hatte mein Essen und eine Plastikmatratze. Ansonsten hatte ich gar nichts." Nicht mal ein Buch. Nach der ersten richterlichen Anhörung beschloss der zuständige Richter, dass Bläul in Untersuchungshaft kommen soll. Der Dresdner wurde in eine andere Zelle verlegt, die immer noch genauso klein war, aber in der es immerhin "einen Fernseher und einen Wecker gab".

Außerdem genoss er nun "eine ganze Reihe von Privilegien". Unter anderem konnte er einen Fitnessraum nutzen. "Der war etwa genauso groß wie die Zelle, es gab einen Crosstrainer, allerdings war ich auch dort alleine."

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Die "allerwichtigste Sache" war jedoch: "Um 7.30 Uhr musste ich wach sein und mitteilen, was ich an dem Tag tun möchte. Nur so war etwa die Nutzung des Fitnessraums möglich."

Gab es denn in den 16 Tagen Einzelhaft politischen Beistand aus Dresden? "Falls es den gab, habe ich es bis heute nicht mitbekommen", räumt der Physiker ein.

"Politik funktioniert mit Kompromissen"

Bereits 2020 kritisierte der Umweltschützer Christian Bläul (40) die Austragung des Ski-Weltcups in Dresden, für den jährlich Unmengen an Kunstschnee rangeholt werden müssen.
Bereits 2020 kritisierte der Umweltschützer Christian Bläul (40) die Austragung des Ski-Weltcups in Dresden, für den jährlich Unmengen an Kunstschnee rangeholt werden müssen.  © Petra Hornig

Dass nicht jeder Verständnis für die Klebe-Aktionen der "Letzten Generation" hat, ist Bläul klar. Den Mitgliedern gehe es auch nicht darum, sich auf diese Weise besonders beliebt zu machen.

Auf die Frage - auch an ihn als Mann der Wissenschaft -, ob es nicht hilfreicher wäre, beispielsweise mit Engagement in der Forschung etwas für den Klimaschutz zu erreichen, anstatt sich mit Sekundenkleber auf Straßen und an historischen Kunstwerken festzukleben, antwortet Bläul: "Viele Menschen arbeiten schon etwa an Verbesserungen von Technologien oder forschen zum Klimaschutz."

Und weiter: "Aus meiner Sicht ist das größte Problem, weshalb wir die Klimakatastrophe noch nicht unter Kontrolle haben, dass die allermeisten Menschen an dem aktuellen Leben, wie sie es haben, festhalten wollen. Das ist verständlich. Niemand möchte Veränderungen hin zum Negativen. Und diese Veränderungen, die wir fordern, werden als negativ wahrgenommen."

Der 40-Jährige fährt fort: "Ich denke, dass wir durch unsere Protestformen nicht beliebt sind. Das ist auch gar nicht unser Ziel. Aber sie tragen dazu bei, dass die Leute sich nicht immer einigeln können und sagen, das beträfe sie nicht. Nach und nach werden sie merken, dass das Klima später einen Einfluss auf das künftige Leben ihrer Kinder oder Enkel haben wird."

Für Dresden gebe es noch keine weiteren Termine für Protest-Aktionen, was jedoch nicht heißt, dass diese nicht mehr stattfinden. Aber: "Wir planen schon weiter. Zum Beispiel werden wir an dem Thema 9-Euro-Ticket dran bleiben beziehungsweise wollen wir einen kostenlosen ÖPNV fordern, um am Ende vielleicht zu erreichen, dass es ein 20-Euro-Ticket gibt. Politik funktioniert mit Kompromissen."

Immerhin: Nach dem Klebe-Protest in Dresden seien "sehr gute Kontakte und Gespräche" mit Entscheidungsträgern in der sächsischen Landeshauptstadt zustande gekommen, sagt Bläul. Diese seien auch offen gegenüber den Interessen der Klimaschützer.

Das Urteil gegen Christian Bläul wird spätestens am 16. September erwartet.

Titelfoto: Montage: xcitepress/Benedict Bartsch, Der Pilger

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